Der Hof Burgörner – Teil II

Teil II – Die Besitzer

1717 kauft Burgörner mit Siersleben (1)

Freiherr von Postelwitz, Friedrich Wilhelm von Posadowsky  (2)

geb. in Brieg 12.4.1672 – gest. in Quedlinburg 11.7. 1730

preuß.(Geh.) Regierungsrat und später Obersteuerdirektor im Herzogtum Magdeburg, (3) Stiftshauptmann von Quedlinburg Ritter des Ordens de la gẻnẻrositẻ (4), Schriftsteller, er heiratete am 19.11.1698

Helene Ludomilla von Saurma

geb. 26.5.1684 – gest. etwa nach 1739

Die Posadowskys waren die Urgroßeltern von Caroline v. Dacheröden. Von ihnen stammte das Wappen am Turm des Amtshauses welches beim Abriß mutwillig zerstört wurde.

(Pfarrer Hartmann hatte darum gebeten das Wappen zu erhalten).

Das große Haus (das sogenannte Humboldtschloß) ist mit großer Wahrscheinlichkeit auch um diese Zeit von ihnen erbaut wurden. Ein Handwerkerzeichen unter der Treppe(siehe Anlage) mit der Jahreszahl 1721  läßt diese Vermutung zu (siehe dazu) – Brief der Karoline von Humboldt an Alexander von Rennenkampf, Tegel 28.09.1820 – Verlag E.S. Mittler & Sohn 12. Aufl. Berlin 1907

……. ,,Das Wohnhaus, dass nach unserer ländlichen Sitte schön und geräumig ist und das mein Eltern Vater erbaut hat, als er vor 100 Jahren aus Italien kam, ist während unserer letzten Abwesenheit im Jahr 1818 repariert und die obere Etage ausgebaut, gedielt und in wohnlichen Zustand versetzt worden …. 

Die Familie Posadowsky hatte zwei Töchter:

Auguste Elisabeth von Posadowsky, ledig, Choraldichterin

geb. 1715 in Braunschweig – gest. 1739 in Quedlinburg

und

Ludomilla Charlotte von Posadowsky

geb. in Quedlinburg am 05.07.1712 – gest. in Erfurt am 4.9.1777

letztere heiratete am 05.03.1726

Carl Friedrich von Dacheröden

geb. in Quedlinburg am 06.05.1705 – gest. in Berlin am 28.9. 1742

preußischer Kammerherr, Präsident der Landesregierung im Herzogtum Magdeburg. Güter in: Thalebra, Auleben und Mittelsömmern. Er kaufte Burgörner mit Siersleben von seiner Schwiegermutter und löste die Wiederkäuflichkeit ab und erhielt 1740 die Belehnung (5).

Nach seinem Tode hinterließ er die Güter seinem Sohne und den drei Töchtern; der Sohn Carl Friedrich von Dacheröden (s.d.) verkaufte die Anteile seiner Schwestern, löste einen noch auf den Gütern haftenden Canon (6) ab und erhielt nun die dieselben zu einem alleinigen und freien Allodialbesitz (7)

Das Gut oder der Hof Burgörner wie er in den Urkunden der alten Kaiserlichen Berggrenze genannt wird, ist somit durch Kauf in den Besitz der Familie und durch Vererbung an die Nachfahren gekommen somit ein freier Besitz.
(angezeigt durch die Kugeln auf den Tor-Pfeilern).

Der Hof Burgörner auf einer Karte von 1749.
(Auschnitt stark vergrößert und nachgearbeitet)

Ein Grundriss der Hofanlage, auf einer Karte von 1802, maßstäblich vermessen, zeigt die Gebäudeanlagen in ähnlicher Anordnung.

Auf späteren Darstellungen, z.B. (im Teil III) einer Luftbildaufnahme aus dem Jahre 1920, ist zu erkennen, daß diese Anordnung verändert ist. Eine bisher unbestätigte Nachricht besagt, daß ein Brand in den Jahren um 1854-1858 einen Wiederaufbau in dieser Form zu Grunde lag.

(Bemerkung.: Bisher liegen dem Verfasser dazu keinerlei Berichte vor.)

Die Bezeichnung “ Rittergut“ (8)

hört sich gewiß sehr schön und gewaltig an, ist aber sachlich unrichtig an Hand der aufgezeigten Eigentumsverhältnisse. Die Bezeichnung Rittergut und Junker wurde von den jeweiligen Regimen unterschiedlich genutzt oder mißbraucht!

In einer Heftserie des Pädagogischen Kreiskabinet Hettstedt von 1966 „Grauen Halden und grüne Berge“,  steht dazu im Vorwort: > Gerade der Lehrer muß zur Gestaltung eines interessanten Unterrichtes immer wieder auf Quellen zurückgreifen können, die streng wissenschaftlich bearbeitet wurden. <.  Zu Burgörner fällt dann, dem Verfasser, (Hermann Heidenreich) ein:  „Auf dem Schloß saßen die Junker von Dacheröden. Von hier holte sich 1791 Wilhelm von Humboldt die Tochter Karoline zur Frau. Zu ihrem Freundeskreis gehörte auch Friedrich Schiller, (8a)

Carl Friedrich von Dacheröden

geb. in Halberstadt am 22.4.1732 – gest. in Erfurt am 20.11.1809

war preußischer Kammerpräsident in Minden (9), Landrat im preußischen Anteil der Grafschaft Mansfeld während des siebenjährigen Krieges,  mit Gütern in:

Thalebra bei Sondershausen, Mittelsömmern (30.8.1806 verkauft) Grumbach bei Langensalza, Auleben und Burgörner mit Siersleben. 

Er heiratete 1760

Ernestine Friederike von Hopfgarten

geb. am 23.10.1736    –    gest. in Erfurt am 1.5.1774

In seine Amtszeit im Mansfelder Land, fiel auch der Besuch, 

„Friedrich d. Großen“  durch die Grafschaft – Mansfeld,  am 16. 6. 1754

dazu ist uns nachfolgende Order erhalten geblieben:

„Der Landrat von Dacheröden zu Burgörner erhält durch einen Eilboten die Depesche, daß in kurzer Zeit auf der Strecke Annarode – Eisleben alles,  d. h. die Ausbesserung der Wege, Regulierungen der Vorspann usw., zu klappen habe.“

 Während des Siebenjährigen Krieges  1756 bis 1763

sah es auch im preußischen Anteil der Grafschaft Mansfeld recht gefährlich aus.

So hatte sich 1759 eine ganze Menge kursächsischer Deserteure in Hettstedt gesammelt und hatten hier unter der Führung des Kaufmannes Bauer das Bauersche Freikorps gebildet. Die schwachen Kräfte der Stadt reichten nicht aus, die Bande im Schach zu halten, und sie regierten in Wahrheit die Stadt. Eben solche Banden hatten sich auch in den Ämtern Rammelburg und Endorf gebildet. Eine wurde geführt vom Kantor Wiegand in Stangerode. In Hettstedt plünderte man den Bürgermeister Müller aus, überfiel den Rat der Stadt in seinem Sitzungszimmer, riß durchreitende Leute von den Pferden..

Bald griffen diese Verhältnisse auch auf Burgörner über. Hier wohnte der preußische Landrat von Dacheröden. Er hatte schon 1759 zweimal nach Magdeburg fliehen müssen. Auch die Kreiskasse aus Schraplau war dorthin gebracht worden. Am 10 August 1760 erscheint die Hettstedter Bande in Burgörner. Die Frau eines Gutsbeamten wird mißhandelt, der Nachtwächter wird blutig- geschlagen. Eine alte Einwohnerin, die Buschen, wird als Hure und Kanaille bezeichnet, und es werden ihr Schläge angeboten. Der Landrat von Dacheröden soll an sie bis zum anderen Tage 200 Thaler zahlen. Im anderen soll ihm sein Gut über dem Kopfe angesteckt werden. 

Wie sich der Landrat aus der Affäre gezogen hat, ist nicht überliefert, jedenfalls aber plünderten die Deserteure. Dacheröden hatte schon mehrmals das Einschreiten von Kavallerie beantragt. Aber es war vergeblich. Jeder Mann wurde bei der feindlichen Übermacht an der Front gebraucht. Den Ausgang der Sache melden die Akten leider nicht. Aber in den Hettstedter Ratsakten wird sie später  „die preußische Affäre“ genannt, die der Stadt viel Geld kostete. (10)

Einen  Überblick über unser Dörfchen liefert die:

,,Ausführliche topographische Beschreibung des Herzogthums Magdeburg und der Grafschaft Mansfeld, Magdeburgischen Anteils.” (11)

S 445  Burg Oerner,

„ein Dorf mit einem Amte des Herrn von Dacheröden, zu dem, außer dem Dorfe Burg Öerner, ein Rittergut im Dorfe Siersleben gehört, liegt in einer Aue an der Wipper, eine halbe Stunde südwestlich von Gerbstädt, und enthält, mit Inbegriff von 13 Kolonisten- Wohnungen und des Amtes, überhaupt 41 Feuerstellen, worunter 5 große und 20 kleine Cossären sind.

Zum Amte gehören 505 Morgen Ackerland, $ 1/2 Morgen Gärten, die Schäfergerechtigkeit, die Fischerei in der Wipper, und die Ober- und Untergerichte über das Dorf. Die Dorffeldmark enthält 1210 Morgen Ackerland, wovon die hiesigen Untertanen nur 356 Morgen. das übrige aber benachbarte Dorfschaften und vorzügliche die Hettstädtischen Bürger besitzen; ferner 26 Morgen Wiesenwachs.

Die Gemeinde ist dem Amte dienstpflichtig, und steht mit der sächischen Stadt Hettstädt in Koppelhüthung. Neben dem Ackerbaue und der Viehzucht nähren sich verschiedene Einwohner von der Arbeit in den Königlich preußisch Rothenburgschen und den Churfürstlich sächsischen Bergwerken. Es ist eine Wassermühle an der Wipper von zwei Mahlgängen hier selbst.

Die Kirche, welche ein Filial von Thondorf ist, gehört zu ersten Mansfeldischen Inspektion, und erkennt den König als ihren Patron. (12) Im Jahre 1784 war 212 die Seelenzahl, und in den vorhergehenden zehn Jahren sind 84 geboren und 56 gestorben.“

S.446

Burg Oernersche Revier (das zum Königlichen Bergamte Rothenburg gehörige), woselbst sich 4 Gebäuden, als ein Zechenhaus, eine Windmaschine, eine Scheibenkunst, welche beide aber nicht mehr gangbar sind, und 2 Göpelkünste auf dem zweiten Kunstschachte befinden.

S.454

Kupferkammer (die), eine zwischen Burgörner und Hettstädt gelegene, und zum chursächsischen Bergamte Eisleben gehörige Schmelzhütte mit 2 Feuerstellen.

S.458

Preußische Hoheit (die) oder Lange Weide, ein bei Gerbstädt gelegenes, dorthin gepfarrtes und zum Königlichen Bergamte Rothenburg gehöriges Zechenhaus.

S. 461

Siersleben, ein Gerichtsdorf des Königlichen Amts Kloster Mansfeld mit einem zum Adligen von Dachrödenschen  Amte Burg- Oerner gehörigen Amtsvorwerke, (13)

Aus dieser Amtszeit geben zwei Briefe Auskunft, über die Bemühungen des Kammerpräsidenten zum Neubau einer Kirche in Burgörner. –

Schreiben des Kammerpräsidenten von Dacheröden an den König in Angelegenheit des

 Kirchenbaues vom 2. Mai 1783 

„Denn:

  1. ob man gleich keine Urkunde gefunden hat, die das Jahr der Erbauung der alten verfallenen Kirche sicher nachgewiesen; so zeigt doch ihre Bauart, daß sie eine Kapelle gewesen sei, die im dreizehnten oder vierzehnten Jahrhundert erbaut worden. 

 b) nun  besagt das bekannte Diplom des Kaisers Karl des vierten, daß Burgörner ehemals ein    

     einzelner Hof gewesen, welcher nach den um die Kirche her befindlichen Gräben und   

    Aufwürfen  zu  urteilen „gleich eben selbiger auf dem Berge belegenen gewesen…..“ (14)

ein weiteres Schreiben vom 3. Juli 1783:

gefunden bei der Stillegung des Eduardschachtes 1911, in dem es heißt:: „Es haben S. Königl. Majestät und deren Hochlöbl. Kriegs- und Domänenkammer allergnädigst verfügt, daß die hiesige Kirche wiederum hergestellt, und neu aufgebaut werden soll.“

Am 12. März 1801 schreibt Freiherr von Dacheröden aus Erfurt an den Schichtmeister Johann Karl Richter von der Kupferkammer:

“ Endlich wird es mit dem Bau der neuen Kirche zu Burgörner ernst.“

Er verweist auf die Spende des Deputierten der Kupferkammerhütten-Gewerkschaft Adolf Christian Wendler vom 14. Oktober 1783 in Höhe von 50 Thalern für Arbeitslohn beim Neubau, das Hauptmaterial wurde vom Staat als Patron geliefert. (15).

Zu K. F. v. .Dacheröden siehe auch im Anhang Fürstenthum  Minden; Acta Borrusika u. Dacheröden/Erfurt 

Die Kinder von

Karl Friedrich von Dachröden und  Ernestine Friedrike

geb. von Hopfgarten,

nehmen  nunmehr fortan in der Geschichte von Burgörner einen festen Platz ein. Weniger der Sohn:

Ernst Ludwig Wilhelm von Dacheröden

geb. am 11.11.1764 in Minden – gest. kinderlos in Zeitz. am 30.1. 1806, 

kurmainz. Kammerherr, Hof- und Regierungsrat, Naumburg-Zeitz. Stiftsrat, Domherr in Naumburg,

heiratete im September 1798 in Schöneiche bei Guben

Luise Sophie Charlotte von Carlsburg,

geb. ebd. 23.08.1781    –  gest. 04.04.1820

Die Tochter:

Caroline Friederike von Dacheröden

geb. 23. Februar 1766 in  Minden   –      gest. 26. März 1829 in Berlin,

heiratet am 29.06. 1791 in Erfurt

Friedrich Wilhelm  Christian Carl  Ferdinand  von Humboldt

geb. am 22.06.1767 in Potsdam  –  gest. 08.04.1835 in Tegel

auf Schloß Tegel bei Berlin und Ottmachau bei Grottkau/Schlesien,  preuß. Legationsrat, später Gesandter in Rom, Wien und  London, preuß. Kammerherr und Geheimer Staatsrat, Staatsminister, Ritter des Schwarze Adlerordens.

Nach dem Tode Ihres Vaters 1809, 

fielen ihr die Güter in: Thalebra bei Sondershausen, ( Mittelsömmern war schon 30.8.1806 verkauft) Grumbach bei Langensalza, Auleben und Burgörner mit Siersleben zu (16)

Burgörner zu Beginn des 19. Jahrhundert

Anmerkungen zu Teil II.

1.) Archiv für Sippenforschung. 50. Jahrgang Heft 94, Seite 447 Ahnenliste der Caroline von Humboldt.

(siehe Kopie im Anhang)

2.) Die Freiherren von Posadowsky leiten ihre Abkunft von dem alten polnischen Grafengeschlecht der Scarba ab, aus welchen ein heldenmütiger Krieger, Namens Skubow, unter der Regierung des polnischen Fürsten Krocus einen grossen Drachen getötet hatte, indem er ein mit Feuer und Schwefel gefülltes neues Kalbfell auf denselben geworfen, wovon der Drache endlich in Flammen geraten und geborsten ist. Für welche Tat besagter Skubow vom Fürsten reichlich beschenkt ward und als ihr Urahnherr gilt.

(Aus “ Geschlechts-Namen- und Wappensagen des Adels Deutscher Nation“ von  Dr. J. G. TH. Graesse 1876)

3.) Kommissar bei der Magdeburgischen Huldigung aus 

Acta Borussica, Bd. I:

Die Behördenorganisation und die allgemeine Staatsverwaltung Preußens im 18. Jahrhundert. Berlin: 1-143

Schmoller, Gustav von (1894): Ueber Behördenorganisation, Amtswesen und Beamtenthum im Allgemeinen und speziell in Deutschland und Preußen. In: Schmoller, G./ Krauske, D. (Hrsg.): 

99. Erlasse die Huldigung im Herzogthum Magdeburg betreffend  4. März bis 9. Mai 1713

Die Regierung setzte darauf auf den 24. Mai, „Mittwochs vor Himmelfahrt,“ als Huldigungstag für das ganze Land und den 14. Juni für die Stadt Magdeburg an. Als Deputierte zur Empfangnahme der Huldigungen schlug sie ihren Präsidenten Nikolaus Bartholomäus von Danckelman    * 1650  –  + 1739

1691 Magdeburgischer Kammerpräsident, 1704 Präsident der Regierung, des Consistoriums und der Lehenskammer (bis 1719)

Zum zweiten Commisarius neben Danckelman wurde am 16 April 1713 der Geheime Rath von Posadowsky ernannt. Friedrich Wilhelm von Posadowsky, als Freiherr von Postelwitz in Preußen 17. November 1706 anerkannt, Sohn des Landeshauptmannes Hans Adam von P. im Fürstenthum Brieg und Weichbild Ohlau, wurde 2. April 1700 Magdeburgischer Regierungsrath, dann Geheimer Rath, 1710 an das Reichskammergericht gesandt, 16. Mai 1714 als Quedlinburger Stiftshauptmann eingeführt legte 1730 sein Amt nieder.

4.) Im Jahre 1685 stiftete König Friedrich I., als er noch Kurprinz war, einen Orden, den er Orden de la generosite nannte. Im Mittelpunkt stand das Wort Ge’ne’roside‘ (Groß-Edelmut, Freigebigkeit-Großzügig). Friedrich der Große wandelte ihn am Tage seiner Thronbesteigung (31.05.1740) in den Orden Pour le me’rite um. Die Träger bildeten eine Ritterschaft und erhielten einen Ehrensold.

5.) Lehn, Lehnswesen, Lehnstaat. (s.d.)

… Seit dem 12. Jahrh. versteht man unter Lehn ein Besitztum, an dem unter der Bedingung gegenseitiger  Treue ein beschränkt veräußerliches und vererbliches Nutzungseigentum (dominium utile) übertragen ist. Es stehen dabei gegenüber der Lehnsherr als Obereigentümer (dominus directus), von welchem dem Rechtsbegriffe nach, alle Herrschaft über die Sache ausgeht  und in dessen Hand nach Auflösung des Verhältnisses das Ungeschmälerte Eigentum wieder auflebt, und der Vasall  s. d. (als unfreier)  für sein Nutzungsrecht Lehndienste zu verrichten hat. Entnommen einer umfassenden Darstellung us:

Band 5 Illustrirtes Konversations-Lexikon  –  Otto Spamer / Leipzig und Berlin 1876

5.1) Vasall [kelt.-mittellat.-frz.], im Lehnswesen der Freie, der sich in den Schutz eines mächtigen Herrn begab, von diesem seinen Unterhalt bezog und sich dafür zu Gehorsam und Dienst, später zu Rat und Hilfe verpflichtete.                                                                                                                      Meyers Lexikonverlag

5.2) Lehnswesen, Grundlage des abendländ. Feudalismus, dessen Staats- und Gesellschaftsordnung auf dem Verhältnis von Lehnsleuten und Lehnsherrn (Lehnsverband) beruhte. Grundkomponenten des während des 8. Jh. im Fränk. Reich entstandenen L. waren im wesentl. ein Ding. (Benefizium) und ein persönl. (Vasallität) Element. In der Vasallität verschmolzen die keltoroman. Kommendation (Einlegen der Hände in die des Herrn als Zeichen der Ergebung) und der Treuebegriff der german. Gefolgschaft, der Lehnsherrn und Lehnsmann gleichermaßen verpflichtete. Das Benefizium wurde im Lehen (lat. Feudum) zur Belehnung mit einer Sache (Land, Amt) oder einem Recht auf Lebenszeit (später erbl.) umgestaltet, die den Vasallen zu Dienst und Treue, den Lehnsherrn zu Schutz und Schirm verpflichteten. In der Lehnspyramide trennten die Kronvasallen (Lehnsfürsten) als unmittelbare Lehnsmänner des Königs/ Kaisers diesen von den Aftervasallen (Ministeriale, Dienstmannen) und den Untertanen.                                                                                   Meyers Lexikonverlag

6.) Kanon (Canon) [griech.-lat.], allgemein bildungssprachlich: Regeln, die für ein best. Gebiet gelten.

7.) Allod [mittellat.], v. a. lehnsrechtl. Bez. für volleigenen Besitz, Nichtlehen. Allodialgüter sind Privatvermögen fürstl. Familien zum Unterschied von Staatsgütern. (Meyers Lexikonverlag)

8.) Rittergüter (Abschrift) ,,Illustriertes Konversations-Lexikon” – Otto Spamer / Leipzig und Berlin 1876 

Heißen die gewöhnlich größeren Güter, deren Besitzer vormals Ritterdienste zu leisten hatten. Obgleich infolge der veränderten Kriegführung diese Dienste weiterhin nicht mehr erfordert wurden und geringe Geldleistungen (Ritterpferdsgelder) sowie kleine Bauschbeiträge zu den Staatskosten (Donativgelder) an ihre Stelle traten, behaupteten sich die Rittergutsbesitzer doch als privilegierte Körperschaft (Ritterschaft), welche ihren Mitglieder die Landstandschaft, Befreiung von den allgemeinen Steuern, von Einquartierung, Kriegslieferung und Staatsfrohnen,  einen privilegierten Gerichtsstand, Grundherrlichkeits=Gerechtsame, die Patrimonalgerichtsbarkeit (s.d.) und  niedere Polizei über ihre Untertanen, Patronats-, Jagt -, und andere Rechte zu sichern wußte. Erst in der Neuzeit (ab 1875? EG) sind diese Vorrechte durch tiefgreifende Abänderungen in der Staatsverfassung zum Teil gegen ansehnliche Geldentschädigungen beseitigt oder wenigstens beschränkt worden.

8a.)  Für einen Besuch Schillers 1793 wurde bisher kein Nachweis gefunden – Schiller war zu dieser Zeit krank, seine Frau schwanger – in einem Brief  bittet er Wilhelm von Humboldt zwecks gemeinsamer Arbeit  nach Jena überzusiedeln). Unschwer ist die Absicht der SED – Funktionäre zu erkennen, der Familie  Wilhelm von Humboldt sowie deren Freunden, den entsprechenden Stellenwert (als Junker), streng DDR-Wissenschaftlich, zuzuweisen. *

9.) Kammerpräsident: Vorstand eines Regierungsbezirkes > Minden, Regierungsbezirk In der preußischen Provinz Westfalen. Kammer [griech.-lat.], allgemein: urspr. Bez. für das fürstl. Privatgemach, Gericht, die Verwaltungsbehörde, Schatzkammer. Im Staatsrecht: Bez. für das Parlament bzw. für dessen Teile. Recht: richterl. Spruchkörper bei den Land- und Verwaltungsgerichten. (c) Meyers Lexikonverlag

10.) “ Der Wipperländische Heimatfreund“ Beilage zum Hettstedter Tageblatt,. März 1932

Die Chronik des Dorfes Burgörner. „Aus Geschichte und Frühgeschichte“ von E. Freygang 

11.) Berlin gedruckt bei Georg Jakop Decker, Königlichen Hofbuchdrucker, 1785

12.) Patron, (patronus) Kirchenpatron kann eine Gemeinde, eine Familie oder auch ein Einzelner sein – übrigens hat man den Ausdruck Patron auf alle Personen übertragen, welche sich einzelner unter ihnen stehender Personen annehmen und für sie sorgen. (Spamer Lexikon)

Das Hauptrecht des Patrons ist das Vorschlagsrecht (Präsentation) für die Besetzung des betreffenden Kirchenamtes, die Hauptpflicht, das Tragen der Baulast und/oder der Kultus- und Personalkosten, soweit die Erträge des Kirchenvermögens nicht ausreichen. ( Der Neue Brockhaus 1975)

13.) liegt an der Heerstraße aus dem Reiche nach Berlin, eine Stunde nordöstlich von Leimbach, und enthält, mit Inbegriff von 7 Kolonistenwohnungen, 59 Feuerstellen, worunter 6 Vollspänner, 10 große und 24 kleine Cossäten sind. Zu dem von Dachrödenschen Vorwerke gehören 360 Morgen Ackerland, 5 Morgen Wiesenwachs an der Wipper, 7 Morgen Gärten, 12 Morgen Holzungen und der Garbenzehend von der Sierslebener Feldflur. Die Gemeinde ist dem Amte Kloster Mansfeld dienstpflichtig, und besitzt, mit Einschluß von 106 Morgen Kirchen- Pfarr- und Schuläcker, 1496 Morgen Ackerland, wovon 4 1/2 Morgen, gemeinschaftlich genutzt werden, 10 Morgen Gärten und 60 Morgen Anger, welcher, so wie die ganze Feldmark, vom Amte Kloster Mansfeld und vom Amte Burg Oerner mit den Schafherden betrieben wird. Es ist eine Windmahlmühle, ein Gasthof und eine Königlicher Zoll hierselbst. Die hiesige Mutterkirche gehört zur ersten Mansfeldschen Inspektion, und erkennt den König als ihren Patron.(10). Im Jahre 1784 war 300 die Seelenzahl, und in den vorhergehenden zehn Jahren sind 109 geboren und 92 gestorben

14.) Der Wipperländische Heimatfreund Mai 1937

15.) Der Wipperländische Heimatfreund Juni 1937

16.) Eine merkwürdige Eintragung findet sich in der Chronik von Wansleben mitgeteilt von Superintendent Brathe.

Bei der Abnahme des Kirchturmknopfes fand sich unter anderen eine Aufzeichnung des Pfarrers Weise:

„Am 27. Juni (1843) hatte ich die Ehre von seiner Hoheit den Prinzen August von Preußen zu Tische geladen zu werden, neben ihm zu sitzen in Etzdorf…… Um so unerwarteter und erschreckender…… die Nachricht. , daß seine Hoheit am 19. Juli (1843) plötzlich gestorben sei…. Seine sehr bedeutenden Güter wurden nach dem Testamente von dem Justizministerio abgeschätzt, die Krongüter fielen an die Krone zurück, und die übrigen neun Güter wurdenim Juli 1844  An die Kinder Sr. Hoheit durch das Los verteilt – 

unter  Nr. 3.  “ Frau v. Dachröden erhielt Rödgen.“

Nach dem 19 Juli 1843 (?) Gab es keine Frau von Dacheröden -? Die geb. von Hopffgarten   verh. Dacheröden war schon am 1. 5. 1774 gestorben. Ihre Tochter Caroline verh. v. Humboldt verstarb am 26. 3. 1829  Ihre Schwiegertochter Charlotte von Carlsburg verh. m. Ernst v. Dachröden verstarb 1820. Die Ehe war kinderlos.

Möglich wäre noch, daß der Frau Mathilde, geb. von Heineken (1800 – 1881) verh. mit Theodor von Humboldt (Sohn v. W v. H) der den Namen Humboldt-Dacheröden angenommen hatte,  das Erbteil zufiel ??

Der Verfasser wäre für weiterführende Angaben zu dieser Frage sehr dankbar!

Anmerkungen zu den Bildtafeln VII. – XVII.

Bildtafel VII.)

Wappen des Freiherrn von Postelwitz, Friedrich Wilhelm von Posadowsky 1672 -1730 (58) und Helene Ludomilla von Saurma 1684 – 1739 (55)

An dem Wappen ist rechts die Jahreszahl 1721 zu erkennen. Das Jahr 1721 wird als Baujahr für das Hauptgebäude/Schloß angenommen möglicherweise war  dieses Wappenschild über dem Eingang zum Schloß angebracht und kam dann erst später  an den Turm zum Amtshaus.

Bildtafel VIII.)

Die imposante Treppenanlage im Schloß Burgörner ist eine handwerkliche Meisterleistung Dazu findet man in den ehemaligen Guts- und Herrschaftshäuser der Umgebung nichts vergleichbares.

Die Gründe dafür sind evt auch in der politischen Entwicklung in Preußen zu suchen. Durch das völlige Unverständnis Friedrich Wilhelm des I. (1713 – 1740) für Kulturelle Einrichtungen die außerhalb seiner  Armee  lagen, waren viele Künstler, die unter seinem Vorgänger Friedrich I. (erster preuß. König)  gearbeitet hatten, nun arbeitslos, dadurch waren ihre Schöpfungen nun auch für Guts- und Herrenhäuser erschwinglich. 

(siehe Anlage – Treppen – Renovierungsbericht)

Bildtafel IX.)

Gutsportal wie es bis 1945 bestanden hat

Bildtafel X.) 

Ausschnitt aus einer Karte zur Festlegung der K.Berggrenze.

Angefertigt von  E.F.W. Wegen u. E.C 1749

Bildtafel XI.)

 Ausschnitt aus einer Karte zur Festlegung der K.Berggrenze 

                       Angefertigt von Forthan 1802

Bildtafel XII.)

Friedrich II. König von Preußen (der alte Fritz)

Zu dessen Regierungszeit Karl Friedrich von Dacheröden als Beamter tätig war und in Minden offensichtlich scheiterte (siehe dazu im Anhang Ausschnitte aus ,,Acta Borrusica” )

Bildtafel XIII.)

Das Dacherödische Haus in Erfurt, von wo aus er wieder verstärkt in Erfurt tätig wurde.

Bildtafel XIV.)

Ernst Ludwig von Dacheröden 1764 – 1806 ( 42) – Domherr zu Naumburg

Ein Kapitular ist nach dem Recht der römisch-katholischen Kirche ein Priester, dem allein oder in Gemeinschaft mit anderen Priestern (dem Kapitel) die Aufgabe anvertraut ist, an einer Kathedralkirche feierliche Gottesdienste zu halten und alle vom Bischof übertragenen Aufgaben zu erfüllen. 

Häufig wird ein Kapitular auch als Domherr und das Kapitel als Domkapitel bezeichnet. Das Domkapitel besitzt in Deutschland und Salzburg unter anderem ein Wahlrecht bei der Neubesetzung des Bischofsstuhls der Diözese. 

An der Spitze eines Domkapitels stehen die Dignitäten. Dies sind ein Dompropst oder ein Domdechant und in einigen Kapiteln auch beides zusammen. Die Anzahl der Kanoniker eines Domkapitels ist nicht überall gleich. So sind es in Köln 12 Residierende und 4 Nichtresidierende Domherren, in Fulda dagegen nur 6 Residierende Domherren, in Erfurt 5 Residierende und 3 Nichtresidierende Kapitulare. Assistenten oder Vertreter der Domkapitulare nennen sich Domvikare

Genannt in der Liste der Mitglieder der Akademie Gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt Ernst Ludwig Wilhelm Freiherr von Dacheröden
(1764-1806), Beamter (1785) V, W, A

Literatur: Vf.Dacheröden, Ernst Ludwig Wilhelm v. Untersuchung der Frage: Wer für den eigentlichen Verfasser der goldenen Bulle zu halten sey? Erfurt 1786

Bildtafel XV.)

Caroline von Dacheröden 1766 – 1829 (63) als junge Frau

Bildtafel XVI.)

laut Frau Agnes von Heinz/Tegel wurde dieses Bild, veröffentlicht in dem Buch ,,Wilhelm von Humboldt – Werden und Wirken” von Herbert Scurla, gemalt von den Enkelkindern 

W. v.  Humboldt’s  während ihres Aufenthaltes in Burgörner.

Bildtafel XVII.) 

ehemalige Gutsanlage der Familie v. Dacheröden in Auleben

Nachstehende Abbildung:

zeigt den erhalten gebliebenen Flügel des Gutshauses in Auleben. Die rechte Seite wurde durch einen Neubau ersetzt und als Schule genutzt. Heute ist in dem alten Teil des Gebäudes die Gemeindeverwaltung untergebracht. Den Erhalt des Gebäudes und auch die Einrichtung einer Heimatstube  zum Gedächtnis an die Familie Humboldt* ist der Arbeit des dortigen Heimatvereines und dem selbstlosen Einsatz der ehemaligen Lehrerin, Frau Elfriede Losche† zu verdanken . Bisher fanden alljährlich Vorträge statt, an denen auch Nachkommen der Familie Humboldt-Dacheröden teilnahmen.

Das Dacherödische Gutshaus im Europadorf Auleben (1999)

1999 der Öffentlichkeit übergeben, anläßlich des 170 Todestages von Caroline von Humboldt – Mit einem Grußwort der Vizepräsidentin der Humboldtgesellschaft, Frau Prof. Dr. Höhl sowie einem Programmteil von Frau H. Kneffel mit dem Thema ,,Die Beziehungen von Caroline von Humboldt zu Johann Wolfgang von Goethe. (Das Gut wurde an den Sohn Theodor vererbt welcher sich Theodor von Humboldt-Dacheröden nannte.)

Bildtafel XVIII.)

Weitere Anlagen zu Teil II.

Posadowski,  Friedrich Wilhelm von,  Freiherr von Postelwitz

Commissar bei der Magdeburgischen Huldigung

Acta Borussica, Bd. I:

Die Behördenorganisation und die allgemeine Staatsverwaltung Preußens im 18. Jahrhundert. Berlin: 1-143 Schmoller, Gustav von (1894): Ueber Behördenorganisation, Amtswesen und Beamtenthum im Allgemeinen und speciell in Deutschland und Preußen. In: Schmoller, G./ Krauske, D. (Hrsg.): 

99. Erlasse die Huldigung im Herzogthum Magdeburg betreffend
4. März bis 9. Mai 1713

Die Regierung setzte darauf auf den 24.Mai, „Mittwochs vor Himmelfahrt,“ als Huldigungstag für das ganze Land und den 14. Juni für die Stadt Magdeburg an. Als Deputierte zur Empfangnahme der Huldigungen schlug sie ihren Präsidenten Nikolaus Bartholomäus von Danckelman    * 1650  –  + 1739

1691 Magdeburgischer Kammerpräsident, 1704 Präsident der Regierung, des Consistoriums und der Lehenskammer (bis 1719)

Zum zweiten Commisarius neben Danckelman wurde am 16 April 1713 der Geheime Rath von Posadowsky ernannt. Friedrich Wilhelm von Posadowsky, als Freiherr von Postelwitz in Preußen 17. November 1706 anerkannt, Sohn des Landeshauptmannes Hans Adam von P. im Fürstenthum Brieg und Weichbild Ohlau, wurde 2. April 1700 Magdeburgischer Regierungsrath, dann Geheimer Rath, 1710 an das Reichskammergericht gesandt, 16. Mai 1714 als Quedlinburger Stiftshauptmann (s. d.) eingeführt, legte 1730 sein Amt nieder.

Der Stiftshauptmann von Quedlinburg

Mit der Gründung des Freiweitlichen und Reichsunmittelbaren Damenstiftes auf dem heutigen Schlossberg in Quedlinburg musste auch der Schutz dieser Damen geklärt werden.

Das Stift wurde Reichsstift genannt, weil es, wie die Herzogtümer und Markgrafschaften, direkt dem König unterstellt war. Die Äbtissin war eine Reichsfürstin mit Sitz und Stimme im Reichstag. Das Stift war ein freies Stift, weil es auf geistlichem Gebiet weder einem Bischof noch einem Erzbischof unterstellt wurde, sondern direkt dem Papst. Das Quedlinburger Damenstift war ein weltliches Stift, weil die Stiftsdamen nicht Armut und Ehelosigkeit geloben mußten, sondern ihr Vermögen behalten durften und auch heiraten konnten.

Der Papst wie auch der Kaiser waren für das Quedlinburger Damenstift oft nicht erreichbar. Kaiser Otto 1. legte fest, dass ein Schutzherr für die Immunität des Stiftes eingesetzt wurde. Solange das Geschlecht der Ludolfinger existierte, hatte der Königdamit selbst dieses Amt inne. Mit dem Aussterben dieses Ade!sgeschlechtes wurde das Schutzrecht oft zum Streitobjekt der jeweiligen Landesfürsten. Im 14. Jahrhundert sind z.B. die Regensteiner Grafen die Schutzherren über das Stlftsgebiet. Auch das Geschlecht der Grafen zu Falkenstein übte die schutzherrlichen Rechte über das Quedlinburger Damenstift einmal aus.

Das Quedlinburger Bürgertum erhielt schon frühzeitig große bedeutende Handelsprivilegien, wie beispielsweise die Errichtung eines Handelsbezirkes, durch Kaiser  Otto III., im Jahr 994. Somit nimmt die städtische Entwicklung einen gewaltigen Aufschwung. 

Mit dieser Entwicklung ist aber ein Rückgang des stiftischen Einflusses gegenüber der Stadt zu vermelden. Dies bedeutete auch wirtschaftliche Einbußen der Äbtissinnen. Im 15.Jahrhundert wird daher ein Stiftshauptmann eingesetzt, um die Interessen der Äbtissin gegenüber der Stadtbevölkerung bzw. der Bevölkerung des Stiftsgebietes durchzusetzen.

Ende des 15. Jahrhunderts regiert die Äbtissin Hedwig aus dem Hause Wettin. Sie galt als besonders resolut, was zu einer größeren Auseinandersetzung mit der Stadt führte. Die Stadt war inzwischen dem mächtigen Hansebund beigetreten und wurde somit immer unabhängiger gegenüber dem Stift. Die Äbtissin holt ihre beiden Brüder aus Dresden zu Hilfe und lässt die Stadt besetzen und sogar mit einer Kanone beschießen. Der Rat muss eine Sühneurkunde unterzeichnen und darf fortan in keinerlei Bündnissen mehr vertreten sein. Die beiden Brüder nutzen die Gunst der Stunde und verlangen nun auch noch stärkeren Einfluss als Landesfürsten von Sachsen auf das Stiftsgebiet. Somit wird der Stiftshauptmann nun eine Amtsperson zur Durchsetzung der Interessen des jeweiligen Landesfürsten. Diese Amt wurde bis zur Auflösung des Damenstiftes 1802 beibehalten und diente auch dazu, die Steuern für Sachsen bis 1698 und später für Brandenburg / Preußen einzutreiben.

Bildtafel XIX.)

Kammerpräsident Karl Friedrich von Dacheröden 

Das preußische Fürstentum Minden zur Zeit Friedrich des Großen

Hans Nordsiek / Minden 1986

Die Kriegs- und Domänenkammer (Seite 39)

Die wichtigste Behörde in Minden war die 1723 gegründete Kriegs- und Domänenkammer. Die Vorschriften und Richtlinien für die Verwaltungstätigkeit waren seit den Anfangsjahren der Regierung Friedrichs bis nach 1786 gültig. Wegen der hohen Anforderungen, die der König an die Präsidenten der Kammern stellte – eine Universitätsausbildung war in der Regel die Voraussetzung für diese Laufbahn – war es nicht leicht, qualifizierte Beamte für diese Spitzenstellung zu finden, zumal begabte junge Adlige wegen der bescheidenen Besoldung und des Aufreibenden Dienstes in einer Kammer nur selten an einer solchen Tätigkeit interessiert waren. Etwa ein Viertel aller Kammerpräsidenten hat denn auch auf Dauer nicht die Erwartungen des Königs erfüllt, wenn es auch nicht immer sachliche Gründe für die vorzeitige Entlassung solcher Präsidenten aus dem Dienst gab.

(Seite 40/41)  Auf Kammerpräsident Valentin von Massow folgte Karl Friedrich von Dacheröden, der von 1763 bis 1771 Mindener Kammerpräsident war. Die wiederholten Rügen und Beanstandungen des Königs an seiner Amtsführung führten schließlich zu seiner Entlassung aus dem Mindener Amt und zu einer Degradierung zum Direktor der Neumarker Kammer. Er hat dieses Amt jedoch nicht angetreten, sondern sich auf sein Gut in Thüringen zurückgezogen. 

(Anmerkung 108 Ilse Foerst-Crato >Karl Friedrich von Dacheröden<  in Mitteilungen des Mindener Geschichtsvereines Jg. 49 (1977), S. 134 f. –  Foerst-Crato bezeichnet ihn als  „ mittelmäßigen „ Beamten; bekannt wurde Dacheröden mehr durch seine Später bedeutende Tochter Caroline, die Frau Wilhelm von Humboldts.)

Nach Dacheröden hatte Franz Traugott Friedrich Wilhelm von Breitenbach von 1771 bis 1794 das Amt des Mindener Kammerpräsidenten inne.

Die große Bedeutung dieser Mindener Behörde im 18. Jahrhundert und ihre Kompetenz auf fast allen Gebieten, die sie befugte, im Namen des Königs in fast alle Lebensbereiche der Bevölkerung hinein zu Regieren, das gesamte öffentliche Leben zu reglementieren und zu kontrollieren, zeigte sich vor allem in der Vielfalt ihrer erhalten gebliebenen Akten sowie eine Flut von gedruckten Erlassen, mit denen die Gebote und Verbote des Königs und seiner Behörde der Bevölkerung bekannt gemacht wurde. (Anmerkung 110 -Staatsarchiv Münster, Bestand Kriegs- und Domänenkammer Minden.)

Die einzelnen Registraturen, in die der Aktenbestand gegliedert ist, zeigen, daß die Kammer u. a. für das „Polizeiwesen“ (ordnungs-, Feuer, Gewerbe-, Gesundheits- u. Landwirtschaftspolizei) für Landvermessung, Post, Militaria, Adelsgüter und Juden, und im Finanzbereich für Steuern und Zollwesen, Landesschulden, Domänenkapitalien, Münzwesen und alle Bereiche der Statistik zuständig war. Über die Steuerräte kontrollierte sie die Verwaltung und Finanzen aller Städte ihres Amtsbereiches. Der Mindener Steuerrat war zuständig für  alle Städte des Fürstentums Minden und das ravensbergische Vlotho. ( Anmerkung 111 Acta Bor. S.445. – Daher umfaßt der Bestand Kriegs- und Domänenkammer Minden auch eine Stadteregistratur mit Akten betr. Alle Städte des Kammerbezirkes.)

Die Kriegs- und Domänenkammer verwaltete und Kontrollierte sämtliche Handels-, Gewerbe-, Industrie- und Verkehrsangelegenheiten (z.b. Außenhandel, Jahrmärkte, Preise, Banken, Garn- und Leinenhandel, Maße und Gewichte, Schiffahrt, Steinkohlen- und Erzbergbau, Steinbrüche, Kalk- und Ziegelbrennerei, Salz- und Mineralquellen) sowie die Domänenangelegenheiten, die Leistungen abhängiger Bauern und das Mühlenwesen; sie war zuständig für alle Forstsachen, Jagt und Fischerei Hude und Mast in den Marken, für  Markenteilungen, Zuschläge und Binnenkolonisation, aber auch – durch das Büro des Landbaumeisters – für Wegebau, Wasser- und Brückenbauwesen sowie für Schul- und Kirchenbauangelegenheiten. Das führte schließlich auch zur Zuständigkeit der Kammer für das Kirchen- und Schulwesen soweit dafür nicht das Konsistorium  zuständig war.

Zur Amtszeit Karl Friedrich von Dacheröden 1763 bis 1771 wies  der Stellenplan der Kriegs- und Domänenkammer Minden  1 Präsidenten, 1 Direktor, 1 Landjägermeister, 10 Kriegs- und Domänenräte, 6 Kammersekretäre, 2 Registratoren, 2 Assistenten, 6 Kanzleisekretäre, 3 Kopisten, 2 Pedelle und 4 Boten aus. 

Das Fürstentum Minden hatte eine Größe von 1163  km².  Die Einwohnerzahlen betrugen im Jahre 1763 50889 und stiegen bis 1787 auf 66053 Einwohner. = 56 Einwohner je km²

(Zum Vergleich: 1998. Der Landkreis „Mansfelder Land„ eine Größe von 759 km² mit einer Einwohnerzahl von 111800 pro m² = 142 Einwohner je km²

Vorstehende Angaben sind entnommen dem Werk:

„Das preußische Fürstentum Minden zur Zeit Friedrich des Großen“

von Hans Nordsiek / Minden 1986 – Herausgegeben vom Kommunalarchiv Minden, Archiv der Stadt Minden und des Kreises Minden Lübbecke, aus Anlaß der Ausstellung: „Getreue Unterthanen“. Sonderdruck aus: Mitteilungen des Mindener Geschichtsvereines Jg. 58 (1986)

sowie: Topographischer Atlas Sachsen –Anhalt 1998,  Landkreis „Mansfelder Land“



Die etwas umfangreichere Darstellung der sogenannten ,,Dacherödischen Affäre” von Minden, im Anhang mit Material (zusammengesetzten Kopien) aus möglichst sicheren Quellen, war notwendig auf Grund eines Vortrages im Humboldtschloß Burgörner 2004, zum Thema, welcher für einige Irritationen gesorgt hatte. 

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