Wo es in der Tiefe regnet. Nach einem Bericht der Neuen Berliner Illustrierten 13/1987.
Eine Bearbeitung für Hettstedt-Burgörner „der geschichte auf der spur“.
„Jetzt fahren wir übern Schlüsselstollen“, sagt der Mann am Steuer. Hier, tief unter uns? Was sehe ich durchs Fenster des Lasters? Eine Halde, davor hagere Häuser mit berußten Dächern. Kreisfeld, Helbra, Benndorf & Klostermansfeld…. Siedlungen ohne Dorfcharakter die sich gleichen, ineinander übergehen wie Vororte einer sich ankündigenden großen Stadt. Doch die gibt es hier nicht. Groß sind nur die alles überragenden Spitzhalden, noch größer untertage die Gruben. Kupferschieferreviere mit weitaus mehr Stollen, als etwa Straßen, Wege und Schienenstränge das Mansfelder Land durchziehen.
So beschreibt es der am Steuer des Lastwagens sitzende Kumpel Werner N. Er hat wohl, wie alle Bergleute hier, ein besonderes Gefühl für diesen durchwühlten Landstrich aus dem sie nie fortziehen würden. Hier wohnen die Väter, haben die Vorväter ihre Gräber. Solange die Alten denken können, brachen Männer die Mansfelder Erde auf und der Schacht grub Furchen in ihre Gesichter. „Nun fahren wir in den Schlüsselstollen“, klingt es am Steuer. Ich aber sehe nur zwei mit kargem Grün bewachsene Schütten: Auswurf tauben Gesteins. Größe, Form und Folge der Halden offenbaren dem Kundigen, wann der Mensch in den Gedärmen des Berges wühlte. Wo solche steinernen Warzen das Land bedecken, liegen tief darunter Schächte und Stollen. Auf den dunkelgrauen Schachthalden kümmert wegen der Schwermetallsalze nur spärliche Vegetation.
Über die Grubenkluft muss ich eine Wathose und eine Gummijacke ziehen, wie sie Fischer tragen, zusätzlich eine Schwimmweste anlegen, den ‘Selbstretter schultern, ein Schweißtuch um den Hals binden und schließlich über den Helm mit der Grubenlampe noch einen Südwester stülpen. Wohin geht‘s eigentlich: aufs Meer oder in den Berg? So gerüstet steuern wir bei Helbra zum grauen Gemäuer des Schmid-Schachtes.
Zu zweit zwängen wir uns in den engen Fahrkorb. Lediglich unsere Schultern und Köpfe bleiben frei von Eisen, dann ein letzter Blick ins Helle. Dort vorn eine Spitzhalde, achtzig Meter hoch – tief unter uns der Schlüsselstollen, einhundertachtzig Meter unter der Erde. Vorgeschrieben ist die Bedeutung der Schlaganzahl: Fünf Schläge, die Glocke schrillt. Seilfahrt! Zwei Menschen im Korb schnellen zwischen halbdunklen Felswänden hinab in die kühle Tiefe.
Drei Schläge: Hängen. Einfahrt Stopp! Vier und vier Schläge: Korb frei. Unter den glitschigen Laufbohlen plätschert der abgründige Schachtsumpf. Wir betreten eine Felsenhalle mit großen Pumpaggregaten die Wasser für die Bebel-Hütte Übertage fördern. Danach tappt unser Trupp gebückt durch einen engen Querschlag zum großen Schlüsselstollen.
Im Kahn durch den Berg, durch den Schlüsselstollen einen der längsten und ältesten wasserabführenden Tunnel der Welt. 1.) Dieses technische Denkmal, hundert Meter unterm Mansfelder Land, wird noch heute in Betrieb gehalten. Mit Männern der Bergsicherung steigen wir hinab und durchfahren den einunddreißig Kilometer langen Stollen als Kontrolltour in einem Jahrhundertbau.
Das ist er nun, durchschnittlich 1,60 m breit, fast drei Meter hoch und zu einem Viertel mit salzhaltigem Grubenwasser gefüllt.
Der Schlüsselstollen hat eine Länge von 31,06 km von Friedeburg bis Eisleben/Wimmelburg. Das Gefälle beträgt nach den im Bergbau damals üblichen Maßen je 100 Lachter 1,1/4 Zoll was 3,17 cm oder 31,7 mm auf 209 m entspricht. 2.) Die gesamt Steigung beträgt von der Sohle des Mundloches in Friedburg 71,9 m über Normal-Null Meereshöhe angesetzt bis Eisleben/Wimmelburg 76,3 über Normal-Null Mh. 4,40 m. Es war eine Meisterwerk früher Bergbau- und Ingenieurskunst von den Gegen-Örtern bis zum Durchschlag diese Vorgaben einzuhalten.
„Warum heißt dieser Tunnel eigentlich Schlüsselstollen?“, frage ich den resoluten Chef der Bergsicherung. Manfred V. holt weit aus: „Das Wasser im Innern des Gebirges sucht sich seine Wege, sickert von oben herab, dringt durch Klüfte und füllt die durch Auslaugung entstandenen Hohlräume. Schlägt der Bergmann einen Streb in den Fels hat er es unweigerlich bald auch mit Wasser zu tun. Das sammelt sich, muss abgeführt und durch die Schächte Übertage gepumpt werden damit die Gruben nicht allmählich absaufen.“ Nun waren die Kupferschiefervorkommen in der Mansfelder Mulde besonders ergiebig. Die Bergwerke drängten sich förmlich aneinander. Alle hatten die gleichen Sorgen mit der unzureichenden Entwässerung die den möglichen Aufschwung hemmte. So wurde die Idee geboren am Rande der Mansfelder Mulde einen Stollen mit Querschlägen vorzutreiben durch die alle Grubenwässer zufließen und am Ende in die Saale strömen konnten. „Das war die bergbauliche Lösung der Schlüsselfrage und vermutlich stammt daher der Name.“
Die Abbaustrebe, die über diesem Schüsselstollen lagen, wurden zu ihm hinunter entwässert. Als die Bergleute dem schräg in die Tiefe abfallenden Flöz folgten wurde das Grubenwasser zum StoIlen hinaufgepumpt. Das funktionierte bis zum Jahre 1970 als die Kupfervorkommen in der Mansfelder Mulde zur Neige gegangen waren. Die Bergwerke wurden aufgegeben, das Pumpen eingestellt. Alle Gruben füllten sich und ganz allmählich stieg der Wasserspiegel. Einige Senkungserscheinungen im Raum Eisleben ließen daraufhin nach. Das hatten die Fachleute erhofft.
Aber die Ära des Schlüsselstollens war mit dem Jahre 1970 noch lange nicht beendet. Würden ihn heute die Kumpel der Bergsicherung nicht durchlässig halten, könnten die Grubenwässer immer höher steigen und irgendwo unkontrolliert zutage treten.
An der unterirdischen Bootsanlegestelle steigen wir in zwei schmale schwarze Kähne, Spezialanfertigung aus dem Spreewald. »Glück auf« zur Kahnpartie durch den Berg. Batteriegetrieben gleiten wir langsam und leise in die Finsternis. Gezwungen, in dem sehr wackligen Boot uns ausgewogen zu bewegen. Mit kurzen Stangen lenken wir den Kahn, stoßen ihn von buckligen Felswänden ab um in Kurven und an Ausbuchtungen nicht aufzuprallen.
Der Schein meiner Grubenlampe streift die farbigen Stöße (Wände) über die Wasser aus Gesteinsritzen rinnt. Unaufhörlich tropft es auf den Südwester. Manchmal müssen wir uns ducken wenn aus einem Querschlag ein Sturzbach niederprasselt. Bei der Kontrollfahrt bemerken die Kumpel, dass eine Traufe von abgefallenen Steinen leckgeschlagen sein muss. Das bedeutet: Überkopfarbeit von zwei Mann. Unter der engen Firste verrutscht der Südwester, spritzt Wasser in den Nacken, rinnt den Rücken hinunter……
Die Farbe der Felsen ändert sich, von weiß-gräulich in rötlich- braun. Wir fahren im Rotgestein, über dem das Kupferflöz abgebaut wurde. Oberhalb des Wasserspiegels schillern Sinterterrassen in Moosgrün und Smaragd. Weiter hinten baute das tropfende Nass mit seinen Mineralien an Felsbuckeln sogenannte Vogelnester. Eine Rarität! Dann folgt der blassrote Melaphyr. „Dieses extrem harte vulkanische Gestein haben die Häuer damals wie eine Seuche verflucht“, sagt der Steiger. Ich erkenne noch Spuren der Schlageisen auf den Stößen im Fels.
Melaphyr mit porphyrischem Gefüge
Von Beginn des Stollenvortriebs im Jahre 1743 bis in die erste Hälfte des vorigen Jahrhunderts hinein hoben von Pferden bewegte Apparaturen, sogenannte Rosskünste, die Grubenwässer. Dabei wurden sehr viele Tiere zuschanden getrieben. Was die Rosskünste nicht mehr schaffen konnten, sollte ein wasserabführender Tunnel bewältigen. Die Zeit war reif. Der Stollen musste kommen!
Trotz schwierigster Arbeitsbedingungen: Immer häufiger traten verheerende Schlamm- und Wassereinbrüche auf. Die Kumpel flüchteten durch Strecken und Querschläge. Das Wasser zerstörte Arbeit von Wochen und Monaten. Der Vortrieb wurde nun von mehreren Seiten geführt. 1879 stand in über hundert Meter Tiefe zwischen Leimbach und Klostermansfeld (Freieslebenschacht in Großörner und dem Theodorschacht bei Klostermansfeld) der letzte Durchschlag bevor. Was muss das für ein Gefühl gewesen sein eines Tages in der Tiefe die dumpfen Schläge der Häuer von der anderen Seite zu hören? Wie müssen sich die Männer gesehnt haben nach zehrender Zeit das trennende Gestein zu zertrümmern? Dann waren die letzten vulkanischen Brocken hinab gekracht und von der anderen Seite leuchteten die ersten Lämpchen. Alle Flüche, Verwünschungen & ungläubigen Prophezeiungen vergessen. Der Berg war besiegt! Europas längster Tunnel vollendet! Der Stollen war durch!!! 1.)
Ich will in den vorderen Kahn umsteigen, wate ein Stück durchs hüfthohe Grubenwasser. Es drückt an meine übergroße luftgefüllte Gummikluft, die Beine treibt es hoch, sie wollen schwimmen. Vorn steige ich zu Karl-Heinz Schm. ins Boot. Wie die meisten seiner sechzig Kollegen von der Bergsicherung, hat er früher im Kupferschiefer -Bergbau gearbeitet. Durch die ständige Arbeit mit den Pressluft-Bohrmaschinen die er jahrelang gegen den Fels drückte, litten seine Ohren unter dem Lärm. Der Betriebsarzt entschied: Nicht mehr vor Streb. Aber er wollte Bergmann bleiben. Deshalb bot ihm das Werk 1963 eine nicht so anstrengende Tätigkeit als Stollenhauer an.
An der Einmündung eines Querschlages sehe ich einen Strudel. Diese Stelle kennt Karl-Heinz Schm. genau. Hier, unweit des Glückhilf – Schachtes bei Welfesholz, sollen nach dem Volllaufen der Gruben in der Mansfelder Mulde die salzhaltigen Wässer in den Schlüsselstollen ablaufen. Doch eine Überlaufstrecke war damals nicht vorhanden, musste also vorgetrieben werden. Im Frühjahr 1978 machten sich die Männer der Bergsicherung ans Werk. Aber was kostete diese kurze Strecke für Kraft! Dieser Marsch durchs harte Melaphyr – Porphyr. „Wir konnten hier keine neue Technik einsetzen und haben genauso wie vor hundert Jahren gearbeitet. Abwechselnd drei Mann schlugen mit Schlegel und Eisen Loch für Loch in den Fels, vierzig Zentimeter tief. Jedes dauerte drei Stunden. Zehn schlugen sie, dann wurde gesprengt. Einen halben Meter weiter der gleiche Akt. Auf kreischende Eisen am Gestein. In jenen vier Jahren fühlten die Kumpel besonders nach, wie enorm die Leistung der Vorväter war.
Wir legen an. Nahe dem Lichtloch 20 (geteuft 1820). Der lütte Fahrkorb ist nur für Ein-Mann-Betrieb ausgelegt. Ich will die achtundneunzig Meter auf Leitergängen hinaufsteigen, wie es einst die Bergknappen taten. „Überleg dir das“, warnt der Steiger, „zwanzig Leitern hoch, jede fünf Meter lang, dreihundertsiebzig Stufen.“ Die Sprossen sind verflucht glitschig. Alles trieft: die Rohre, die Wände… Eine Art Spinnengewebe mit Tropfen überzieht das Gestein. Diesen Umstand, der für alle noch befahrbaren (begehbaren) Lichtlöcher zutrifft, hat letztendlich den Gedanken den Schlüsselstollen streckenweise touristisch zu nutzen, eine Absage erteilt.
Ende der Kahnfahrt am Mundloch des Schlüsselstollens in Friedeburg
Resümee
Der Schlüsselstollen ist einer der längsten und ältesten wasserabführenden Tunnel der Welt. Aber, ihm wird heute ebenso wenig Achtung entgegengebracht wie vielen anderen technischen Entwicklungen, die hier im Mansfelder-Bergbau ihren Ursprung haben.
Zu:
1.) „Der tiefe Mansfelder Schlüsselstollen“ – so die Bezeichnung, war bis 1984 längster Tunnel der Welt bis er von einem 38,8 km langen U-Bahn-Tunnel in Berlin abgelöst wurde. Als 1878 auf der Pariser Weltausstellung das Projekt zum Bau des 20 km langen Simplon-Tunnels als gewaltigstes und längstes Bauwerk der Erde vorgestellt wurde und 1898 der erste Spatenstich erfolgte, war der Schlüsselstollen bereits gebaut. Die Bauzeit dauerte von 1743 – 1758 und nach einer längeren Pause von 1809-1879. Er war zu dieser Zeit also schon 19 Jahre in Betrieb.
2.) Auf Grund unterschiedlicher Maßangaben in den verschiedenen Literaturen, haben wir unsere Angaben dem „Handbuch für den Kupferschiefer-Bergbau“ von Eisenhuth & Kautsch entnommen. Die Kosten für den Bau des Schlüsselstollens werden in der „Festschrift zum X. Deutschen Bergmanntage“ mit 3 623 783 Mark 68 Pf angeben. (Das wären bei einer Länge von 31 060 m, im Durchschnitt 116 Mark 67 Pf. auf das Meter)
Zu weiteren technischen Besonderheiten, im Verlauf des Schlüsselstollens, insbesondere im Burgörner-Bergbaurevier, der Lichtlöcher SS.22; SS.23 und SS 24, werden wir in dieser Kategorie in nachfolgenden Abhandlungen berichten.
Für Interessierte empfehlen wir die Heftreihe des „Helbraer Heimat Verein e.V. – „Stollen im Mansfelder Bergbezirk“ von Dr. Günter Jankowski
E. Graf/Chronist, März 2016
Schlüsselstollen Teil II.
Burgörner-Bergbau-Revier – Lichtloch 22 – Müller-Schacht
Halde des Müller-Schachtes im Hintergrund der Eduard-Schacht. ¹)
Auf der Generalbefahrung der Reviere im Jahr 1844 gab es Überlegungen wie man den Bau des Schlüsselstollens beschleunigen könnte. Nach abwägen dieser oder jener Variante, kam man zu dem Entschluss einen neuen Kunst- und Hauptförderschacht anzulegen.
Am 01. September 1845 begannen die Teufarbeiten. Schon bei 12 Lachter Teufe 2.) behinderten große Wasserzuflüsse den Fortgang der Arbeiten. Bei einer erreichten Teufe von 46 Lachter betrugen die Wasserzuflüsse 150 bis 170 Tonnen die zu Tage gefördert werden mussten, so berichten es zeitnahe Quellen.
Durch einen Querschlag zum Zabenstedter Stollen, gelang es die Wasser abzuleiten um die Arbeiten fortzusetzen und die Schlüsselstollensohle wurde dann bei 53 Lachter erreicht. Die Förderarbeiten wurden mit einer Wassersäulenmaschine durchgeführt, wie nachstehend beschrieben. Der Schacht Lichtloch 22 Müller-Schacht, war von 1847 bis 1868 in Betrieb und wurde danach verfüllt. Beinahe wäre die Halde, einst Standortes einer genialen Fördertechnik, abgefahren worden durch engagierte Heimatfreunde konnte das verhindert werden jedoch sind die Reste der Halde, so dicht am Wegesrand, immer wieder Beschädigungen ausgesetzt.
Eine auf geeigneten Schachtanlagen angewandte Mansfelder Fördermethode, war die mit Wasserbalancen. Auf mehreren Schachtanlagen, so auch auf dem Müller-Schacht¹) dem Lichtloch 22 des Schlüsselstollens, wurde diese Technik angewandt. Das Prinzip bestand darin, das Wasser als Gewicht zu benutzen und durch Niedergehenlassen einen vollen Förderwagen aufzuziehen.Schematische Darstellung der Wasserbalance. ³)
Die einfachste Einrichtung war eine im Niveau der Hängebank am Seile hängende Tonne (aus Stabblech) wurde mit Wasser gefüllt, auf dieselbe wurde der leere Förderwagen aufgefahren. An dem Anschlagpunkte befand sich eine zweite leere Wassertonne und auf derselben der zu hebende volle Förderwagen Das Seil hing über einer Seilscheibe. Als Seilausgleich diente eine Kette, welche die Böden der beiden Wassertonnen verband und an der Sehachtsohle über zwei Rollen lief. Die Seilscheibe war zur Fahrtregulierung mit einer Bremse versehen. Das Gewicht des Wassers in der Tonne war so bemessen, dass es Nettolast des vollen Förderwagens und die gesamte Reibung überwiegen musste. Die volle Wassertonne entleerte sich auf der Sehachtsohle von selbst durch Aufsetzen eines im Boden befindlichen Ventils. Das Wasser ging dann im Schlüsselstollen fort.
Bei dieser Art der Förderung musste das Kraftwasser an der Hängebank vorhanden sein. Eine technische Meisterleistung, eben das Besondere der Wasserbalancen-Anordnung auf dem Müller-Schacht oder dem 23 LL, wo die Wasser erst bei 41 bzw. 35 Lachter ³) Teufe zur Verfügung standen. Hier mussten die Förderwagen bzw. Förderkorbe und die Wassergefäße für sich laufen. Die Seilscheibe der Wassergefäße war mit der Seilscheibe der Förderkörbe durch ein Vorgelege derart verbunden, dass, wenn die Geschwindigkeit der Wasserkorbe 1 war, die Förderkörbe sich mit der doppelten oder mehrfachen Geschwindigkeit bewegten, je nach der Differenz zwischen Schachtteufe und Tonnenlauf.
Je größer diese Differenz war, um so großer war auch das Wassergewicht. Zum Beispiel betrugen auf dem Müller-Schacht die Schachtteufe für den Wassertonnenlauf 12 Lachter vom Zabenstedter zum Schlüsselstollen und für die Förderkörbe 53 Lachter. Die Wassertonnen hatten etwa 49 Ztr. Wassergewicht um die Nettolast eines vollen Förderwagens von 6 Ztr. aufzuziehen. Auf dem 23 LL zogen nur 26 Ztr. Wasser dieselbe Last auf. Die Wasserbalance auf dem 23 LL hatte zwei gleich große Seilscheiben. An der einen hingen die Wassertonnen an einem einfach über die Scheibe gelegten Bandseil, an der anderen die Förderkörbe an einem einmal um die Scheibe geschlungenen Rundseil. Beide Seilscheiben standen durch ein Getriebe miteinander in Verbindung. Die Fördergeschwindigkeit betrug gewöhnlich 9 Fuß in der Sekunde (2,5 m/s). Die Bedienung bestand aus 1 Maschinenwärter, 1 Anschläger und 2 Abnehmern. Die Förderung mit Wasserbalancen war wohl billiger als die Dampfmaschinenförderung, ließ sich aber doch nur dort anwenden, wo es sich um kleinere Fördermengen handelte, wegen des Zeitaufwandes beim Füllen und Entleeren der Wassertonnen.
Freigelegte Schachtröhre des Müllerschachtes (Foto Probst)
Anmerkungen:
Vorstehende Bearbeitung ist im Wesentlichen dem „Handbuch für den Kupferschiefer Bergbau, von Eisenhuth/Kautzsch/Fachbuchverlag Leipzig 1954“ – sowie Manuskript-Ausschnitten aus den Forschungsarbeiten von Herrn Dr. G. Jankowski zu „Mansfelder Schächte und Stollen“ 1985 entnommen.
Da diese Werke heute sehr schwer zugänglich sind glauben wir, entsprechend unserem Leitsatz „Der Geschichte auf der Spur“ den einstigen Bergbau in und um Burgörner betreffend, den Lesern von „Hettstedt-Burgoerner.de“ zugänglich machen zu müssen. Die Ausführungen einschl. Bildmaterial unterliegen dem Impressum. Wir bitten um Beachtung.
1.)
Müller August geb.1784 in Eisleben, Geheimer Berg- und Oberbergrat
des Oberbergamtes Halle von 1830 bis 1856,
2.)
Zum besseren Verständnis der im Text original belassenen Maßangaben
nachstehende Maßtabelle:
1 Zoll = 1/12 Fuß entspricht: 0,02615 m
1 Fuß = 12 Zoll entspricht: 0,31385 m (0,314m) = 144 Linien
1 Quadratfuß = 0,0985 m²
(Entspricht einer Seitenlänge von 0,313847 cm = 0,314 cm )
1 Elle = 25 ½ Zoll entspricht: 0,6669 m
1Klafte = 72 Zoll – 6 Fuß – ½ Rute: entspricht 1,883 m
1.Rute = 144 Zoll; 12 Fuß; 2 Klafter: entspricht 3,7668 m
1.Meile = 24000 Fuß; 4000 Klafter; 2000 Rut: entspricht 7532,48 m
nach heutiger Meßart = 7,53248 km
1 Lachter = 6 ²/³ Fuß: entspricht 2,092 m
Flächenmaße:
Hufe > unterschiedliches Flächenmaß ! Kleinste Einheit 20 Morgen (30 u.40 M.)
1 Morgen > Preußisch = 25,53 ar > 2553,1200 m²
1 ar / = 100 m²
Gewicht:
1 Ztr.= 50 Kilo
1 Pf. = 0,500 Kilo
3.)
Das Foto ist entnommen der Heftreihe des Helbraer Heimatverein e.V.
„Stollen im Mansfelder Bergbezirk“ Heft 4 von Dr. Günter Jankowski
An der Geschichte des Mansfelder Bergbaues interessierten Lesern möchten wir diese
9 Hefte umfassende Ausgabe empfehlen.
4.) siehe > 3.)
Für „Hettstedt-Burgoerner.de bearb. E. Graf/Chronist, Mai 2016