Maler Gustav Ballin

Dem Maler Gustav Ballin verdanken wir einige Darstellungen aus unserer Heimat. Wilhelm Brockpähler widmete ihm im „Mansfelder Heimatkalender“ von 1937 einige Seiten, denen wir die nachstehenden Bilder und Texte entnommen haben. Den Inhalt dieser Bildchen, aus denen Heimatverbundenheit und die liebevolle Versenkung in die kleine, schlichte Welt des Mansfelder Bergmannes spricht, wollen wir hiermit unseren Lesern zugänglich machen.

Man kann den tiefen Eindruck erkennen, welche die Arbeitswelt des Bergmannes, einmal bei der Darstellung der Grubenfahrt und angesichts der Arbeit vor Ort, auf den Maler ausübte.

650 m unter der Erde im „Glück-Hilf-Schacht“ – von 1872 bis 1909 in Betrieb
(ehem. Schachtanlage an der Straße von Welfesholz nach Siersleben)

Noch 1860 fuhren die Mansfelder Berg- und Hüttenleute glühende Schlacken nach Hause um darauf zu kochen und zu heizen. Das Schlackenstück ruht in der Schwebe auf starken Ketten, die an dem Schlitten befestigt sind.

In einem Bergmannshause: „Die Leibspeise, das Kochen auf Schlacke bis 1860 in Hettstedt“. Im Hintergrund die Großmutter am Spinnrocken. Der größte Junge muss schon als „Huntejunge“ mit in den Schacht .

Nach einem fast gleichen Bauplan* bauten sich die Berg- und Hüttenleute, wie die Schwalben, ihre Häuser aus Lehm.

Es ist im bergigen Gelände, zwischen der heutigen Gerbstedter Straße nahe der Eisenbahn und der Abdeckerei. Mit nachbarlicher Hilfe wird der Dachstuhl gesetzt. Ein saures Stück Arbeit vor allem, den Hängen hinter dem Hause einen kleinen ebenen Hofplatz und den terrassenförmig ansteigenden Garten abzugewinnen. So ist es noch heute in Hettstedt allenthalben (überall): in den Außenvierteln, die seit den 50 Jahren des vorigen Jahrhunderts ausgebaut worden sind. Im Hintergrund die typische Mansfelder Haldenlandschaft. In der Mitte die Abdeckerei oder ein Schachtgebäude? Die Gottesbelohnung in Burgörner ist der Raumaufteilung halber zu weit nach links gerückt. (schreibt Wilhelm Brockpähler)

Weitere heute kaum noch bekannte Begebenheiten aus der damaligen Zeit finden wir in dem Bild „Straßenszene in Hettstedt“.

Das Haus rechts „hat die Rute“. Das links wird in den nächsten Tagen den Ausschank bekommen, der Küfermeister ist schon beim Werk die Fässer auszubrennen und vorzubereiten. Ein wichtiges Geschäft, dem die Nachbarn und die Gäste in der Rute aus Fenstern und Türen zuschauen. (köstlich die Haltung der einzelnen Zuschauer in den Fenstern!) Der Stadtpolizist schellt eine Mitteilung aus und der Balbierer (Frisör) geht auf Kundschaft.

Kinder scharen sich um den mit bunten Bändern behängten Lumpensammler. Die Bergmannsfrau trägt im Tragetuch ihr Jüngstes „an die frische Luft“. Steif inmitten des Volksgewimmel die beiden „Damen“ mit Reifröcken, Schmetterlingshüten und Pompadur (Handtasche). Typisch für das alte Hettstedt ist das runde Kopfsteinpflaster zwischen den Häusern und der Gehbahn. Die quergeteilten Türen sind heute verschwunden. Ebenso auch die rundbogigen Rahmen mit Abschlussstein und Konsolen aus der Renaissancezeit. Erhalten hat sich nicht der Weinstock an den Häusern, jedoch gibt es wieder vereinzelt Rosenstöcke. Warum die Kränze an den Häusern angebracht sind konnte nicht ermittelt werden. Möglicherweise handelt es sich um die heute nicht mehr bekannte Sitte der Johanniskränze.**

Zum Abschluss der Erinnerungen an das Schaffen des Hettstedter Künstler G. Ballin, die Darstellung seines Geburtshauses am Freimarkt mit dem Titel gemäß der Eintragung in seinem Skizzenbuch von 1876: „Bei Ballins am Saigertore wird eine frische Rute herausgestreckt“

Das war das Zeichen, dass dieses Haus nun an der Reihe war beim Ausschank des „Hettstedter Zapfenbieres“.

Unten rechts steht: „Da Kamerad haste den ierschten!“ Dazu schreibt der Maler die Verse:

Wenn der Bergmann Lohntag hat,
da is er froh zu Muthe,
da geht’s gleich in die Stadt
nach der frischen Rute.

Dunnerwetter, das a Bier,
Gott straf mich, das ist gut.
Kum rin, Kamerad und trink erscht einen,
du treies Bergmannsblut!

Ballin steckt die Rute raus,
da gehen wir a gleich rin,
sonst wird es nacher zu voll,
und nacher missen mer stehn.

Anmerkungen:

* „fast gleichen Bauplan“

Die Mansfelder-Kupferschiefer bauende Gesellschaft gewährte ihren hinzugezogenen, bauwilligen Berg-und Hüttenleuten günstige Kredite zum Bau eines Hauses. Die Größen und die Ausführung in Wellerwand (Stampflehmbauweise) waren vorgegeben und so konnte die Schalung kostensparend von Baustelle zu Baustelle weitergegeben werden.

**Zum Johannistag (Sommersonnenwende am 24. Juni) gehörten früher Johanniskränze aus siebenerlei oder neunerlei Kräutern und Pflanzen. (z.B. Bärlapp, Beifuß, Eichenlaub, Farnkraut, Johanniskraut, Klatschmohn, Kornblumen, Lilien, Rittersporn und Rosen) Die Kränze wurden über Tür und Fenster gehängt, um vor Geistern und Dämonen zu schützen, die in der Johannisnacht spukten. In Mitteldeutschland warf man den Kranz über das Haus, damit der Segen wirkte.

Die Bilder und Texte sind dem „Mansfelder Heimatkalender„ von 1935 entnommen und mit geringfügigen Veränderungen und einem moderneren Schriftbild unseren Lesern wieder zugänglich gemacht.

Leider war es nicht möglich den Verbleib der original Aquarelle zu ergründen, von denen wir hier nur die Kopien von über 75 Jahren alten Abdrucken in der damaligen Drucktechnik zeigen können.

Laut dem Text von Herrn W. Brockpähler sollte im Jahre 1936 im Hettstedter Heimatmuseum eine Ausstellung der Originale stattfinden. Wenn sich daran noch jemand erinnern oder weiterführende Angaben zu den vorstehenden Ausführungen machen kann, würden wir uns sehr freuen.

Ihr Team Hettstedt-Burgoerner im Dez. 2011

 

 

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