Reminiszenz

nach 250 Jahre Alexander von Humboldt.

Unsere frühere Bearbeitung in „Hettstedt-Burgörner“ beinhaltet die Tätigkeit des jungen Alexander von Humboldt als Bergmann. Seine späteren naturwissenschaftlichen Forschungsergebnisse bereicherten das Wissen weltweit. Das kleine Burgörner hatte daran verständlicherweise wenig Anteil. Jedoch gibt es Zusammenhänge, welche auf Ereignisse hinweisen, die in Burgörner mit ihren Ursprung hatten und auf Besuche Humboldts hinweisen. Insbesondere während seiner Reise nach Paris wo sich ein Aufenthalt bei seiner Nichte Adelheid von Hedemann als Reise Ausspann geradezu anbot. (1)

Auf dem Gut-Burgörner, was nun in der weiblichen Erbfolge nach Karoline von Humboldt ihrer jüngeren Schwester Adelheid von Hedemann, geb. von Humboldt, gehörte, wirkte als Amtmann der Bruder des namhaften Apothekers Hermann Blumenau. (2)

Gut Burgörner um 1840 (aus dem Nachlass v. Amtmann Blumenau )

Es ist daher anzunehmen, dass es während dieser Zeit um 1840 zu verabredeten Treffen zwischen Hermann Blumenau und Alexander von Humboldt in Burgörner gekommen ist. Denn auch Alexander von Humboldt schätzte Blumenaus Kenntnisse und hohes Engagement. Er nahm ihn in den Kreis förderungswürdiger junger Männer auf, schrieb Empfehlungsbriefe als ‚Entree für große Häuser’ in Brasilien und vermittelte eine Anstellung bei einer Hamburger Auswanderungsgesellschaft.

In deren Auftrag unternahm Blumenau im März 1846 seine erste Erkundungsreise mit dem Ziel ‚geeignetes Land für deutsche Auswanderer’ zu erkunden. Diese Expedition dauerte zwei Jahre in denen er praktische Erfahrung als Ergänzung zu seinen theoretischen Kenntnissen gewann.

Am 2. September 1850 trafen die ersten siebzehn Einwanderer in der von Blumenau gewählten Region am großen Fluss Itajaí im Südstaat Santa Catarina ein.

Die dann daraus entstandene Stadt Blumenau ist bis heute die deutscheste Stadt in Brasilien mit Oktoberfest und allem Drum und Dran. Auch Architekturen lassen Ähnlichkeiten aus der Heimat des Gründers erkennen.

Wernigerode – Blumenau

Über weitere Ereignisse, welche die Verbundenheit zu Burgörner dokumentieren, schreibt Anna von Sydow in ihrem Buch „Gabriele von Bülows Töchter“ – „Hedemanns goldenes Dienstjubiläum“ und achtzigster Geburtstag Alexander von Humboldts.

Zwei besondere Feste zeichneten sich dieses Jahr für die Familie aus: Am 26. Februar das fünfzigjährige militärische Dienstjubiläum des dreiundsechzigjährigen (63) Generals von Hedemann und am 14. September der achtzigste Geburtstag Alexander von Humboldts. Lella schreibt darüber: (3)

„Um zehn Uhr vereinigten wir uns alle auf der Eisenbahn (4) mit zahllosen Säcken und Paketen und füllten zwei Coupe’s. In Berlin erwarteten uns drei Equipagen (elegante Kutsche), die uns nach Tegel brachten. Der Brunnen war wie an unserem Hochzeitstage mit Blumen gefüllt, Treppe und Esszimmer waren mit Bäumen, Blumen und rankenden Pflanzen höchst geschmackvoll geziert. Im Saal fanden wir die große Überraschung, die uns durch Onkel Alexander schon verraten war. Er schrieb nämlich vorgestern, dass der König am heutigen Tage dem Onkel eigenhändig zu schreiben gedächte und ihm zwei Bronzegruppen schenken würde. Diese fanden wir nun auf den Marmortischen im Saal. Das eine stellt einen Knaben, das andere ein Mädchen mit einem Hund vor. Sie sind ganz reizend hübsch.

Der Onkel war wirklich sprachlos vor Überraschung und Rührung. Dieser Szene war eine andere, wirklich rührende vorangegangen. Im Augenblick, wo wir ausstiegen, rollt ein vierter Wagen vor. Wir erwarteten Onkel Alexander. Da steigt Eisenhuth, der gute alte Justizmensch, aus Hettstedt aus. Onkel August frug ihn ganz erstaunt: „Was bringt Sie denn her? Das werde ich Ihnen oben sagen, Herr General“, sagte der kleine Mensch. Kurz: Er hatte die fünfzig Meilen (5) nur gemacht, um zu gratulieren! Das ist doch wirklich eine Treue und Anhänglichkeit, wie sie dieses Zeitalter leider sehr selten aufzuweisen hat. Er meldete auch des Amtsmanns Blumenau Ankunft. Wir freuten uns alle mit Hedemanns über diese wahrhaft freundliche Aufmerksamkeit.

Nachdem wir unseren Hunger etwas gestillt, wurde eine Promenade beschlossen. Wir standen schon unten am Brunnen an der Hoftür, da jagt ein Vorreiter vorbei – ein vierspänniger Wagen. Es war der König.

Illustration – nicht authentisch

Er umarmte den Onkel – wir folgten in den Saal – er gratulierte sehr herzlich und war sehr liebenswürdig und heiter. Wir hatten, keiner hatte von seinem Herkommen nur geträumt, da heute um ein Uhr die Eröffnung beider Kammern auf dem Schloß war.

Er kam direkt nach gehaltener Thronrede aus Berlin und fuhr von hier nach Charlottenburg zurück. Der Adjutant erzählte mir, dass der Empfang sowohl vor als auch nach der Rede sehr gut gewesen sei. Auch die äusserste Linke hat nicht gefehlt, wie erst prophezeit wurde.

Es wurde Schokolade für Seine Majestät bereitet, da ein Pferd ein Eisen verloren, so hatte er auch volle Zeit dazu. Er blieb vielleicht eine Stunde.

Schloß Tegel Gartenseite

Am 14. September wiederholte sich die Feier im geschmückten Tegel, nur mit dem Unterschied, dass diesmal auch die Königin den König begleitete.

Friedrich Wilhelm IV. von Preußen
Ehefrau Elisabeth Ludovika von Bayern,

Die alte Frische und Spannkraft geleiteten Alexander von Humboldt in sein einundachtzigstes (81) Jahr. Seine Nichte Lella, die sich selbst so oft angegriffen und kraftlos fühlte, erwähnt bewundernd: „Onkel Alexander erzählte, dass er jetzt wegen des späten Tagwerdens sehr spät aufstände und es kam heraus, dass er nie vor 3 Uhr zu Bette gehe und um ein viertel neuen wieder aufsteht. Er versichert, er fühle auch 3 Uhr keine Spur von Ermüdung. Ehe er sich legt, sieht er sich noch bei offenen Fenster den Himmel an!“

(6)

Zu den Reminiszenzen gehört wohl auch die Lebenserfahrung, die er zu seiner Zeit machen mußte.

„Man hatte ihm zu Unrecht den Vorwurf gemacht, dass er seinen Gesprächs- und Briefpartnern nach dem Munde redete. Tatsächlich sagte er ihnen mit psychologischem Fingerspitzengefühl das, was sie hören wollten. Er richtete sich in der Form und dem Inhalt nach dem was Erfolg versprach. Aber nicht Unaufrichtigkeit veranlasste ihn so zu handeln, sondern es war der einzige Weg um Fürsten und Bürokratie für seine Zwecke zu gewinnen. Was in solchen Situationen das einzig mögliche war, sagte er dem Biologen Ehrenberg:

„Mit diesen Menschen, die Ihnen bis in das Tintenfass sehen und alles kontrollieren wollen, müssen Sie immer ganz lakonisch (knapp) sein, nichts bestimmtes versprechen, höflich aber hinhaltend antworten, sonst werden sie Ihnen immer lästiger. Arbeiten Sie, wie Sie, nicht wie jene wollen.“ (7)

Anmerkungen zu :

1) Chronologische Übersicht über wichtige Daten seines Lebens , bearbeitet von Kurt Biermann, llse Jahn und Fritz G. Lange

1841.05.18 H. reist von Berlin ab um zum ersten Mal während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms IV. nach Paris zu fahren. Reiseroute: Burgörner (Besuch bei seiner Nichte Adelheid von Hedemann; für den 23.5. angesagt) Weimar, Frankfurt/Main

(2) Blumenau, Hermann Bruno Otto
Kolonisator, * 26.12.1819 Hasselfelde (Unterharz), † 30.10.1899
Braunschweig (lutherisch) – siehe dazu: http://blumenau-gesellschaft.org/?page_id=77

(3) Lella, Gabriele von Bülow 1822-1854, Freifrau von Loe’n Enkeltochter W.-v.- Humboldt

(4) Das im Jahr 1838 eröffnete Teilstück zwischen Berlin und Potsdam, die Berlin-Potsdamer-Eisenbahn oder auch „Stammbahn“, war die erste Eisenbahnstrecke Preußens.

(5) 1 Pr. Meile entspricht 7,532 km – 50 Meilen = 376,6 km

(6) „Ein treues Bild meines | Arbeitszimmers, als ich | den zweiten Theil des Kosmos schreib.. | Eigenhändige Unterschrift!

(7) Alexander von Humboldt von Prof. Dr. Rer. Nat. Habil Kurt-R. Biermann, BSB R.G.Teubner Verlagsgesellschaft 1980

Zusammengestellt von E.Graf/Chronist, Dezember 2019

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