Aus dem Wochenblatt für den Mansfelder Gebirgskreis vom 26. Mai 1841
Der Morgen des 17. Mai führte dem Dörflein Burgörner einen gar festlich-frohen Tag herauf. Seine verehrte Gutsherrin, die wahrhaft edle Gemahlin des Herrn General von Hedemann geb. Freiin v. Humboldt, feierte an ihm ihr Wiegenfest.
Von jeher fand diese ihre größte Freude darin der Schule und der Dürftigen des Ortes sich wohltuend anzunehmen. Jährlich zahlte sie für die Kinder der ärmeren Gemeindeglieder das Schulgeld und beschaffte für das Schul-Inventar, wie für einzelne fleißige und sittlich gute Kinder Bibeln, andere nötige Schulbücher und Utensilien.
Jährlich erfreuet sie zum Weihnachtsfeste sämtliche Schulkinder und mehrere Ortsarme durch Festgeschenke. Bei ihrer Anwesenheit in Burgörner tut sie gar vielen wohl und besorgt die Heilung dürftiger Kranker. Ihr Herr Gemahl, bekannt mit solchen frommen Sinne, meinte an ihrem Geburtstagsfeste welches sie diesmal zufällig in Burgörner feierte, ihr keine größere Freude bereiten zu können als wenn er ihr Geschenke zur Verteilung an die Schulkinder überreichte für diese Tanz und Bewirtung veranstaltete und für die Gemeinde Tanzmusik und Getränke besorgte. Von diesem Vorhaben erhielt die letztere zeitig Kunde und sammelte Beiträge um ihrerseits auch etwas für die Feier des Festes zu tun. Die Jungfrauen des Ortes sammelten Moos, Laubwerk und Blumen zu einer geschmackvollen Dekoration des Einganges zum herrschaftlichen Hause. Besonders tätig zeigte sich dabei das Haus des Schulzen Günther, dessen Tochter die Dekoration im Vaterhause bestens anordnete und dessen Sohn der Tischler mit seinen Gesellen mehrere Tage beschäftigt war um das erforderliche Holzgerüste zu erbauen und es nach vollendeter Bekleidung aufzustellen.
Der Bau wurde am festlichen Tage von früh 2 Uhr ab errichtet und früh 7 Uhr stand das Ganze bestens gelungen und mit 106 Lampen zur Erleuchtung am Abend versehen da.
Früh 10 Uhr sang die Schuljugend einen Choral und zwei Arien vor dem dekorierten Eingange des herrschaftlichen Hauses und es erfolgten hierauf Glückwünsche von mehreren Seiten. Herr Amtmann Blumenau hatte den Spiegeltisch der Gefeierten mit auserlesenen Topfgewächsen geschmückt; der Prediger Giebelhausen überreichte für sein Haus ein Festgedicht; ein desgleichen überbrachten drei Jungfrauen Namens der Gemeine und ein Schulmädchen übergab Namens der Schulkinder einen Blumenkranz auf dekorierten Pappteller mit zierlich eingeschriebenem Gedichte, das sie hersagte. Im Nebenzimmer waren eine große Menge Geschenke der einheimischen und auswärtigen Familienmitglieder der Frau Generalin niedergelegt.
Zwölf Uhr ging die Herrschaft mit ihren Gästen in die Lindenallee auf der Wiese dicht am Amtsgarten. Hier waren die Geschenken wertvollen Tüchern, an Schürzen, Scheren, Nadelbüchsen, Strickhaken, Schreibbücher etc. für die Mädchen und an Mützen, Pennalen, Feder- und Taschenmessern, Schreibbücher etc. für die Knaben auf einer Tafel ausgebreitet. Mit Musik und zwei Fahnen langten die Schulkinder – die Knaben am Arme, die Mädchen auf dem Haupte mit Blumen geschmückt – im Zuge paarweis an und stellten sich im Kreis auf. Nachdem die Geschenke durch das Loos ausgeteilt waren und jedes der 81 Schulkinder ein dergleichen empfangen hatte, wurden an die ärmeren Kinder 30 Stück Schulbücher verteilt. Dieser Verteilung folgte ein Wettlauf in acht Abteilungen nach drei ausgesteckten Fahnen und wer eine solche brachte, erhielt den darauf gesetzten Preis. Hiernach begann der Tanz der Kinder auf demselben Platze. Diesem sah die Herrschaft eine zeitlang zu und ging dann mit ihren Gästen zur Festtafel. Dabei aber verweilte sie nicht lange, um bald wieder teil an der Freude der Kinder zu nehmen, die nun mit Kaffee und Backwerk bewirtet wurden.
Nach 6 Uhr erfolgte das Richten des neu erbauten Kirchturmes und die Enthüllung des schönen stark vergoldeten eisernen Kreuzes, das Frau General v. Hedemann für die Spitze desselben geschenkt hatte. Der Zimmermeister hielt die eigens dazu gefertigte Rede, und dieser folgte das ebenfalls besonders dazu verfaßte Lied. Hierauf begann der Tanz der Ortseinwohner und dauerte bis abends 10 Uhr. Da hatte sich die Schuljugend mit brennenden Laternen gesammelt und zog mit Musik nach dem herrschaftlichen Hause, wo die Lampen an der Ehrenpforte angezündet waren. Eine übergroße Menschenmasse, die sich aus der Umgegend zu den Ortseinwohnern gesellt hatte, folgte dem Zuge. Der Platz vor dem Herrschaftshause war so erhellt, dass ohne alle Anstrengung das für die Abendfeier bestimmte Lied gelesen werden konnte.
Die Anordnung der ganzen Tagesfeier mit allen Gesängen und Festgedichten hatte die Gemeine auf ihre Kosten drucken lassen, und es waren früher schon über 300 Exemplare an die Teilnehmer des Festes verteilt worden. Während einer Einleitungs-Musik überreichte der Schulze ein gebundenes Exemplar jener gedruckten Feier mit 50 Stück andern an die Gefeierte und es begann hiernach der Gesang des Abendliedes. Von so zahlreicher Versammlung vorgetragen und mit Musik begleitet, machte dies beim hellen Scheine der Laternen und Lichter an der Ehrenpforte einen tiefen Eindruck. Mit dem Schlusse desselben brachte der Schulze ein dreifaches Lebehoch aus, in das die Versammelten einstimmten.
Herr und Frau General v. Hedemann standen während dieser Feier auf den Stufen des Einganges, dankten mit vieler Wärme und tiefer Rührung der Gemeine und drückten dem Schulzen besonders nochmals bieder die Hand. Alle Versammelten gingen nach dem Tanzplatze zurück und vergnügten sich da bis zum Anbruch des folgenden Tages.
Gewiß recht lange wird sich das Andenken an dieses seltene Volksfest im gefühlvollen Gemüte erhalten, möge auch der Eindruck davon lange wohltuend und bleibend wirken!
Adelheid v. Humboldt – Tochter Wilhelm und Karoline von Humboldt
geb. 17. 5. 1800 – verh. mit Georg von Hedemann 24.4.1815 – gest. 14. 12.1856
Dargestellt als „Psyche“ Marmorfigur v. Christian Rauch, Rom 1810
Gabriele und Adelheid von Humboldt gemalt von Gottlieb Schick, in Rom 1809.
Die beiden Geschwister hatten nacheinander Gut Burgörner im Besitz, Adelheid von 1829 – 1856 und ihre ältere Schwester Gabriele dann von 1856 -1885.