Die Brache bei Burgörner

von Kurt Ziegel, stud. praehist.
Veröffentlicht im „Heimatring der Grafschaft Mansfeld“.
Nr.10 Beilage zur Eisleber Zeitung v. 25. Mai 1934

Seit dem vorchristlichen Jahrtausend, als Mitteldeutschland eines der wichtigsten Kulturgeschichtlichen Gebiete Europas wird, zeigte sich in unserer Mansfelder Heimat eine dichte Besiedlung. Die verschiedensten Kulturen sind nach den Bodenfunden hier festzustellen, auch die Grabung auf der Brache bei Burgörner, auf einem Gebiete von ungefähr 40 Morgen beweist, dass diese Höhen ein Siedlungsgelände für die bedeutendsten Kulturgemeinschaften der jüngeren Steinzeit und der späten Bronzezeit war.

Im Oktober 1933 begann man die sogenannte Brache urbar zu machen, um Gelände für Kleingärten zu gewinnen. Bei den Arbeiten stieß man schon nach kurzer Zeit auf Gefäßscherben und Bestattungsreste. Eine amtliche Untersuchung der Landesanstalt für Vorgeschichte in Halle stellte fest, dass es sich hier um ein Siedlungsgebiet größeren Ausmaßes handelte.

Foto eingefügt aus einer Privatsammlung.

Die Brache liegt in einer Höhe von 200 m (N.N.) am rechten Wipperufer.

Von hier war die umliegende Landschaft gut zu übersehen. Die hohe Lage und der steile Hang nach der einen Seite schützte gegen feindliche Angriffe. Genügend Ackerland war vorhanden, Fischfang und Jagd konnten auch getrieben werden. Alle diese Vorzüge erkannten die Menschen der jüngeren Steinzeit, und sie siedelten sich hier an. Seit November, dem Beginn der Grabung, sind etwa 80 als Abfalllöcher zu deutende Gruben entdeckt und ausgegraben worden. Diese Gruben, die als dunkle Stellen sehr leicht von dem andersfarbigen Boden abzugrenzen sind, enthalten in großer Menge Gefäßscherben, Tierknochen, Holzkohlenreste und Lehmbewurf, der von Häuserbau zeugt. Die Tierknochen stammen nach den bisherigen Feststellungen vom Rind, Hirsch und Rehe. Auch Mahlsteine, einige Steinbeile und Steinmesser sind gefunden worden. Ganze Gefäße waren nicht in den Gruben. Diese gab man vielmehr als Ehrung den Toten in die Gräber mit.

In der Nähe größerer vorgeschichtlicher Siedlungen, wo sich Menschen naturgemäß längere Zeit aufhielten, befinden sich auch Gräber. So war es auch keine Überraschung, dass sich Hockergräber der Schnurkeramiker feststellen ließen. Beigaben in Gestalt der Schnuramphore und des hohen geschweiften Bechers als Behälter des Trankes für den Toten, die wohl von einer Jenseitsvorstellung schon in damaliger Zeit zeugen, enthielten diese Bestattungsstellen. Als höchster Punkt auf der Brache erhob sich an dem Abfall nach dem Ortsteil-Burgörner-Altdorf ein Hügel. Da diese Erhebung nicht aus „gewachsenen Boden“ bestand, nahm man an, dass man es hier mit einem Hügelgrab zutun hatte. Die Grabung bewies auch was vermutet wurde.

Eine Bestattung der späten Schnurkeramik kam zu Tage. Durch Baumwurzeln und früheren Erdarbeiten war das Skelett schon sehr zerstört. Nur Führende eines Volkes wurden an hervorragenden Stellen beerdigt. Das es das Grab eines Führers war, bewiesen die reicheren Grabbeigaben, unter denen sich auch eine Streitaxt befand. Alle anderen Schnurkeramischen Bestattungen waren um den Hügel herum beigesetzt worden. Da das gewachsene Erdreich noch immer nicht erreicht war, wurde tiefer gegraben.

Dabei stieß man auf eine Steinsetzung von der Größe 6 x 12 m. Das Hauptgrab war ein Hügel mit Steinsetzung von der Walternienburg-Bernburger Kultur, Henkeltasse und Schale waren hier die Grabbeigaben. Das Grab der Schnurkeramik, eine Brandbestattung der späten Bronzezeit und ein Skelettgrab des Mittelalters waren hier nur Nachbestattungen gewesen. Die Abfallgruben der jüngeren Steinzeit gehörten der Bandkeramik, der Rössener Kultur, der Walternienburg- Bernburger Kultur, der Salzmünder Kultur und ausser der Bandkeramik allgemein der Nordischen Kultur an. Die Gruben der Bronzezeit sind der späten Bronzezeit einzuordnen. Als besonderes Stück, wie es in der Provinz Sachsen nur in vier Funden bisher festgestellt ist, wäre noch anzumerken, ist das Bauchstück eines Kragenfläschchens, der Nordischen Kultur angehörend, wahrscheinlich ein Ableger der dänischen Megalithkultur.

Bis zum Ende der Grabung gehen ungefähr noch 5 Wochen hin. Jeden Tag werden neue Funde geborgen, die uns zeigen, dass unsere Heimat schon vor 4000 Jahren ein dicht besiedeltes Gebiet war.

Darstellung der Wallanlage auf der Brache bei Burgörner. Im geteilten Deutschland galt diese Fundstelle einer befestigten Höhensiedlung als die älteste bekannte auf (Ost) deutschen Boden.

Bild aus: „Burgen u. Höhensiedlungen d. jüngeren Steinzeit P. Grimm 1958

Im folgenden haben wir für unsere Heimatfreunde Einsicht genommen, in nur noch schwer zugängliche und umständlich zu beschaffende Literatur zu diesem Thema.

DEUTSCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN

SCHRIFTEN DER SEKTION FÜR VOR UND FRÜHGESCHICHTE BAND 6

DIE VOR- UND FRÜHGESCHICHTLICHEN BURGWÄLLE

DER BEZIRKE HALLE UND MAGDEBURG

Von

PAUL GRIMM / AKADEMIE-VERLAG ‘BERLIN 1958

 

Sowie

DEUTSCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN

SCHRIFTEN DER SEKTION FUR VOR- UND FRUHGESCHICHTE

HANDBUCH VOR- UND FRÜHGESCHICHTLICHER WALL- UND WEHRANLAGEN

Herausgegeben von

WILHELM UNVERZAGT / TEIL 1/ AKADEMIE.VERLAG • BERLIN 1958

 

221 Hettstedt, Ortst. Burgörner (Abb. 4f, 7,8)

Name: Weinberg oder Brache.

M. EL: 2457/4335; a) W 5,4; S 13,0; b) W 4,8 bis 5,2; 5 13,1 bis 13,6.

Lage: Am Rande einer Hochfläche dicht östl. des Dorfes.

Beschreibung: Bei dem Abfragen der obersten Schichten zur Anlage von Klein­gärten wurde beobachtet;

a)

Eine gebogene, langgestreckte, dunkle Verfärbung, die nur als Grabenfüllung aufzufassen ist. Innerhalb des Grabens mehrere dunkle Flecken mit Urnenbrand. keramischen Oberflächenfunden (nicht ausgegraben).

b)

Nordwestl. anschließend zahlreiche dunkle Verfärbungen mit Siedlungsfunden und Gräben meh­rerer jung nordischer Steinzeitkulturen (Rössen, Walternienburg-Bernburg, Salzmünde, Schnurkeramik), außerdem zahlreiche Siedlungsreste der Jungbronze­- Früheisenzeit.

Erw. : —

Funde: Mus. Halle, noch nicht katalogisiert.

Literatur.:

[1]1‘. Grimm, Nachricht. BI. Deutsche. Vorzeit 10, 1934 5. 113ff.; F. Ni­quet, Die Rössener Kultur in Mittel­deutschland, Jahresschrift Halle 26, 1987 S. 74; 1?. Grimm 1938 5. 70f.

Auf einer oberhalb der Wipper gelegenen Höhe mit früh-, mittel- und spätneolithischen Funden ein Grabhügel mit schnurkeramischer Nachbestattung, in seiner östlichen Umgebung mindestens ein weiteres Grab und Einzelfunde (Siedlungsreste?) der Schnurkeramik.

Literatur:

P. Grimm, Nachrichtenblatt für Deutsche Vorzeit 10. 1934, 113.- E. Freygang, Mitteldeutsche Vorzeit, 1934, 23. — F. Niquet. Jahresschrift Halle 29, 1938,70f

P. Grimm, Jahresschrift Halle 29, 1938, 70f.

Grabfund, 1934, P. Grimm. H. Butschkow u. K. Ziegel: Langrunder Grabhügel, 14. 18,0, Br. 13,0, H. 1,3 in, mit verbranntem Holzsteinbau der Walternienburg-Bernburger Gruppe als Zentralgrab und einer leicht trapezförmigen Einfassung aus Findlingsblöcken. Im Hügel Nachbestattungen, wohl der Bernburger Gruppe (II.), der Schnurkeramik (I.) vielleicht der Schnurkeramik (III), der Bronze- und Latenezeit sowie des Mittelalters (IV) (Abb. 10).

Nach Bestattung I., am Westrande der trapezförmigen Steineinfassung, bei Schachtarbeiten größten­teils zerstört; noch vorgefunden in 0,45 m Tiefe Reste der Wirbelsäule, des Beckens und der angehockten Beine, danach vielleicht Körper ursprünglich in Rückenlage, etwa SW—NO; 0,60 m nord- westlich der Skelettreste ein Beckenunterteil (- 0,25 m tief), 0,50 m nördlich, eine Amphore (- 0,25m), 1 m nordöstlich, Rest eines Bechers mit hohem Trichterhals (- 0,35 m) und südlich, unmittelbar unterhalb der Skelettreste, eine zerbrochene umgestülpte Strichbündelamphore – 0,80 m); ferner ein Steinbeil und ein Silexspan, für beide Lage zum Skelett unbekannt, in 0,50 und 0,45 m Tiefe. In der Umgebung der Skelettreste einige Steinplatten (Abb. 10).

26, 8 – Amphore, Leib eiförmig, breit, mit kurzem Trichterhals, zwei schlichte Henkel gegenständig auf dem Bauch; Halsmuster fraglich auf der Schulter acht gefiederte Strichbündel zu sechs bis acht Strichen, oberhalb der Henkel umlaufende Leiste (?) mit runden Stichen; 11. 23,0 cm

(Abb. nach Material II. Lucas). Mus. Hettstedt, verschollen.

26, 9 – Rest eines Bechers mit hohem Trichterhals; um den Hals fünf Doppelschnüre:

hellbraun, 11. 13,3 cm. – Mus. Halle

27, 1 – Amphore mit eiförmigem Leib und kurzem, steilem Hals, zwei leicht sattelförmige Henkelösen gegenständig, dicht oberhalb der größten Weite, Boden leicht eingedellt; Randlippe gekerbt, am Halsansatz umlaufende Reihe von läng1ichen, schrägen Stichen; rötlichbraun, H. 19,3 cm

(Abb. Nach Material II. Lucas). Mus. Hettstedt, verschollen.

27, 2 – Unterteil eines Bechers mit eingedelltem Boden; am Halsansatz noch drei waagerecht übereinander angeordnete kurze undeutliche Schnureindrücke; hell- bis schwarzbraun gefleckt, H. noch 5,3 cm. – Mus. Halle

Mus. Halle.

Ein Steinbeil und ein Silcxspan. – Verbleib unbekannt.

Nachbestattung III.‚etwa in Hügelmitte, oberhalb der Holzsteinkammer, In nur O,25 m tiefe, rechter Hocker W-O, Blick nach S, Beine gebeugt, aber nur mäßig angezogen, rechter Arm gestreckt vor dem Körper, linker Arm gewinkelt quer über über der Brust, etwa in Schulterhöhe vor dem Körper eine Axt, westlich daneben ein Rechteckbeil, Schneiden dem Toten zugekehrt; vor dem linken (?) Unterarm ein Tierknochen (Abb. 9e u. 10). Auf dem Hügelgrabplan nach .. P. Grimm (1940) ist Nachbestattung III. wohl irrtümlich um 180° gedreht. Typ der Axt unbekannt; beide Steingeräte. verschollen: Grab vielleicht schnurkeramisch.

Grabfund, 1934, lt. K.Ziegel : Erdgrab, wohl rechteckig) W-O, L. 1,62, Br. 1 ‚02 m., darin rechter Hocker w-o, Blick nach S, vor dem Schädel Amphore; etwas oberhalb des Beckens Nachbestattung eines Kindes N-S, Blick nach W.

27, 3 – Amphore mit kugligem Leib, kurzem, steilem Hals und abgesetzten Boden, zwei größere Henkel gegenständig auf der Schulter, zwei kleinere Henkel kreuzständig zu den ersteren, nahe dem Halsansatz: um den Hals fünf einfache Schnurlinien, auf der Schulter, zwischen den Henkeln, je ein hängender breiter Tannenzweig aus Strichlinien : hell – bis schwarzbraun, H. 17,4 cm. Mus. Halle.

3 menschliche Schneidezähne, Mus. Halle

Stelle 1 F:

Grabfund ? 1934, K. Ziegel.: Menschliche Skelettreste, 0,32 m tief, verstreut in schwarzer Erde, dabei Gefäßunterteil; vielleicht‘ zerstörtes schnurkeramisches Grab.

27, 5 – Tonnenförmiger Unterteil einer Amphore, zwei gegenständige Henkelansätze am oberen. Bruchrande; Reihe undeutlicher Stiche auf der Schulter in Henkelhöhe, schwarzbraun mit rötlichbraunen Flecken, H. noch 8,6 cm

Skelettreste eines Kindes, Schädelbruchstücke und Knochen der unteren Extremitäten.. Mus Halle.

Einzelfunde. – Grube 83:

27, 12 – Amphore mit etwa doppelkonischem Leib und kurzem, steilem Hals, vier Henkel kreuzständig auf der größten Weite; um Halsansatz und Schultermitte je eine eingestochene Winkellinie ; zwischen den Henkeln Gurt von Strichlinien eingefaßt und mit senkrechten Stichreihen gefüllt, darin eingeschnittene Winkellinie . oberhalb der Henkel je eine Gruppe aus drei senkrechten Reihen von Einstichen ; Oberfläche 8tark verwittert, rötlichbraun, H. 20,5 cm. Mus. Halle Mus. Halle.

Stelle I b, 1-2 (aus Abraumschicht):

Schnurverzierte Scherbe, von einem Gefäßhals. Mus.Halle. Verbleib unbekannt.

Stelle II a, b, 17 – 18:

27, 4. – Scherbe aus dem hohem Trichterhals eines Bechers; Rand gekerbt, um den Hals

unmittelbar unter der Randlippe eine Schnurlinie, darunter noch sieben Doppelschnüre; helbraun, H. noch 7,1 cm. Mus. Halle

Mus.‘Haiie.

27.6 – Eberhauer, an der Spitze einmal und am abgerundeten breiten Ende zweimal durchbohrt ; an der Spitze und am Ende leicht beschädigt, L. 14,0 cm ; wohl schnurkeramisch. Mus. Halle.

Stelle III s:

27, 7 – Hals-Schulterbruchstück einer Amphore mit einem schlichten Ösenhenkel ; am Halse noch eine waagerechte Doppelschnur, dahinter eine Dreierschnur; braun bis schwarzbraun, 1!. noch 4,4 cm. Mus. Halle.

27, 8 – Kleines geschweiftes Wandungsbruchstück aus der Hals-Schulterzone eines Bechers, am Halse noch Reste von drei umlaufenden Schnurlinien, schwarzbraun, II. noch 3,0 cm. – Mus. Halle.

Schnurkeramische ‚Stelle“:

Fünf Scherben von vier verschiedenen schnurkeramischen Gefäßen:

27, 9 –  Scherbe aus dem kurzen Zylinderhals, wohl von einer Amphore, mit noch sieben umlaufenden Schnurlinien und zwei senkrechten Reihen von kräftigen Einstichen, schwarz, H. noch 5,3 ein.

27,11 – Scherbe aus dem Halse einer Amphore mit noch sechs umlaufenden Schnurlinien und darunter zwei Dreierschnüren, dunkelbraun, H. noch 3,5, Di. 0,7 cm.

27,10 – Scherbe aus der Hals-Schulterzone eines Bechers, leicht geschweift, mit noch einem Gürtel aus sechs umlaufenden Schnurlinien, darüber und darunter, wenig abgesetzt, Reste von noch je einer Schnurlinie, schwarz, H. noch 3,2 cm.

Zwei unverzierte, nicht zusammenpassende Scherben aus dem Unterteil einer Amphore oder eines großen Bechers, grau bis schwarzbraun. Mus.Halle Mus. Halle

Ohne Stellenbezeichnung:

27,13 – Acht nur teilweise zusammenpassende Scherben eines hohen geschweiften Bechers, Boden eingedellt Hals und Unterteil nicht. zusammenpassend; am Halsteil noch zwölf, am Halsansatz des Unterteils noch zwei umlaufende Schnurlinien; rötlich-hell- bis schwarzbraun, gefleckt, H, rekonstruiert 13,6 cm.

Mus. Halle

Zusammengestellt aus der im Inhalt angegebenen Literatur, E.G./Chronist Mai 2011

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