Maschinen-Meister "William Richards"

Bei all den schwungvollen Reden anlässlich des 125- jährigen Gedenkens der Errichtung des Maschinendenkmals wurde eine Persönlichkeit vergessen: William Richards, der es durchaus verdiente wenn man ihn, der hier Großartiges zum Beginn der Industrialisierung in Deutschland geleistet hat, mit einbezogen hätte.

Früh mussten die Erbauer der ersten Dampfmaschine in Deutschland erkennen, dass neue Antriebsarten auch neue Erkenntnisse erfordern. Da die Steuerung, welche einen gleichmäßigen Lauf der Maschine ermöglichen sollte, Schwierigkeiten bereitete, kam VELTHEIM 1) schnell zu der Überzeugung, dass nur eine nochmalige Reise nach England Abhilfe schaffen könne.

C. Veltheim

C. F. BUCKLING trat diese Reise, von der einige seiner Briefe erhalten sind, im Februar 1786 an. Er studierte die Steuerung genau, fertigte Aufzeichnungen an und es gelang ihm, den Ma­schinenwärter WILLIAM RICHARDS zur Übersiedlung nach Preußen anzuwerben. Am 26. 8. 1786 trafen beide auf dem Burgörner Bergbau-Revier ein.

                                             Revierkarte vom Burgörner Bergbau-Revier

Richards William, Mechaniker (Sohn des Kunststeigers Francis Richards), geb. 18.Juni 1756 in Truro, Cornwall/Wales (engl.) kommt mit 30 Jahren nach Preußen in das Burgörner Bergbaugebiet „Preußische Hoheit“. Am 1. Juli wird er von Bergbauminister von Heinitz, persönlich als „Maschinenmeister“ 2) eingestellt!

Friedrich August Heinitz

Am 1. Mai 1794 heiratet der 38-jährige William Richards die Tochter des Bergmanns Samuel Schmidt aus Hettstedt, die 28jährige Dorothea Elisabeth Schmidt, geb. 1784. Der Pfarrer Giebelhausen aus Thondorf – für die kirchlichen Angelegenheiten von Burgörner zuständig – nahm die Trauung in der Wohnung der Braut vor, da die Kirche in Burgörner auf dem Kirchberg ruinös und die neue St. Nikolai Kirche im Bau befindlich, erst 1803/6 fertiggestellt wurde. Aus der Ehe gingen mehrere Kinder hervor, die meist schon klein verstarben. Der einzige überlebende Sohn war Franz Carl Richards, geb. am 14.September 1800.

Am 30. November 1831 (75) verstarb der Waliser William Richards, der sich große Verdienste für den Mansfelder Bergbau durch die Förderung der Dampfkraftnutzung erworben hatte in Hettstedt an Altersschwäche. Er wurde auf dem ehemaligen Friedhof, heute Stadtpark, begraben. Leider kennen wir seine Begräbnisstelle nicht . Seine Frau war ihm 1830, erkrankt an der Auszehrung 3), voraus gegangen. Der einzige überlebende Sohn Franz Carl Richards führte das Werk seines Vaters weiter.

Nachruf:
William Richards betreute die erste Maschine und als sie durch eine größere Zweite ersetzt wurde, auch diese. Selbige ist uns überliefert auf einer Zeichnung von Carl Eckhardt. Sie diente als Vorlage für den Nachbau der Maschine im Mansfeld-Museum.

Im Jahre 1812, als der damalige Oberbergmeister Franz von Veltheim, einer der Großen der Mansfelder Geschichte, sich entschloss, das W-Schächter Entwäs­serungssystem zu komplettieren, war es erneut W. Richards, der am Bau der dritten Maschine maßgeblich beteiligt war. Es ist die Älteste noch erhaltene ihrer Art und wird im „Deutschen Museum“ in München aufbewahrt.

Die Erbauer der Dampfmaschine hatten sich zu ausgezeichneten, anerkannten Fach­leuten qualifiziert. Es entstand ein Stamm von Facharbeitern, der maßgeblich unter Leitung von C. F. BUCKLING und W. RICHARDS am Bau und Betrieb weite­rer Dampfmaschinen beteiligt war. Aus den anfänglich einzelnen notwendigen Gewerken entwickelte sich ein für Preußen beispielhafter kompletter Maschinenbaubetrieb, eine Ausbildungsstätte, die seinerzeit seinesgleichen suchte. Entsprechend den Ausführungen zur Ersten Deutschen Dampfmaschine, im Nachgang der Versuch, der nachweislich in Burgörner hergestellten Maschinen und ihre Einsatzgebiete aufzuzeigen: So bauten BUCKLING und Richards unter anderem 1799 eine Dampfmaschine für die Saline Königsborn bei Unna (BRD) und 1803 eine für den Steinkohlenbergbau Boelhorst bei Minden.

Saline Königsborn bei Unna

Nach Auskunft des Deutschen Bergbau-Museum Bochum stammt der Dampfzylinder von der Feuermaschine der Saline Königsborn bei Unna und war vom 30.08.1799 bis 1932 in Betrieb. Erbaut wurde diese Maschine in den Jahren 1797/99, auf der „Preußischen Hoheit“ Burgörner-Revier bei Hettstedt, Teile dieser ältesten Dampfmaschine Westdeutschlands sind erhalten und im Deutschen Bergbau-Museum Bochum ausgestellt. Originalteile und Ergänzungen lassen die Originalgröße erkennen. Räumlich losgelöst davon sind dieser originale Dampfzylinder und der Kolben vor dem Verwaltungseingang des Museums.

Weitere von BUCKLING und Richards gebaute Dampfmaschinen kamen (nachweislich) zum Einsatz:

 

Saline Elmen bei Schönebeck 2 Maschinen (1793 und 1802),

Saline Kötzschau (1798), Saline Teuditz (1802), Eisenwerk Lauchhammer (1805), (umgesetzt zur Saline Dürrenberg 1812) und Saline Kolberg 2 Maschinen (1806). > heute Kofobrzeg, VR Po­len.

Zeugnisse für die Qualität und Langlebigkeit dieser Maschinen finden sich in Löbejün.
Als die Maschine auf dem König-Friedrich-Schacht entbehrlich wurde, setzte man sie in eine Steinkohlengrube um, wo sie bis 1848 treue Dienste verrichtete, ebenso die Maschine für die Saline Königsborn, welche bis 1932 in Betrieb war

Technisches Denkmal in Löbejün

Die Hettstedter Dampfmaschinen waren Besuchern frei zugänglich. Besonders Bergbeamte aus Sachsen, wie C. F. BRENDEL, gewannen hier erste Eindrücke und Kenntnisse von der neuen Technik. Es ging ausschließlich um die Einführung neuer Antriebsenergie und nicht um ein Monopol nach englischem Muster wie ein Brief von Watt jun. an seinem Vater erkennen läßt:
….. in Rothenburg, wo ich gehört hatte, dass sich hier die Feuermaschine befände. Wurde ich informiert, dass sie an einem Platz, „Preußische Hoheit„ genannt, wäre. Wir ließen unsere Pferde in einem Wirtshaus in der Nachbarschaft und gingen zum Maschinenhaus, hier wir niemand außer einem Burschen, der sich um die Maschine kümmerte, anwesend. Die Maschine war etwa 4 Wochen außer Betrieb, nachdem sie 6 Wochen sehr gut gegangen ist. Der Defekt scheint nicht an der Maschine selbst zu liegen, sondern an der Beschaffenheit des Wassers, welches sie für den Dampfkessel benutzen. Es enthält eine große Menge kalkiger oder gipsiger Erden, welche am Boden des Kessels eine Kruste bilden. Dies ist der Anlass, dass der Boden des Kessels im Feuer durchbrennt. Zur Zeit sind sie mit der Herstellung eines Dampfkessels aus Eisen beschäftigt. Ich habe Dir viel mehr in Beziehung zu dieser Maschine zu sagen, will es aber bis zu meiner Rückkehr aufschieben. 4)

Es ist durchaus berechtigt von einer lnitialwirkung der Hettstedter Dampfmaschine von 1785 zu sprechen. Mit ihrer Inbetriebnahme vor 230 Jahren trat eine neue Technik ihren Siegeszug im deutschen Bergbau an.

Der unmittelbare Kontakt zum pulsierenden Betrieb hatte auch den Sohn Franz Carl Richards beein­flusst. Mit 17 Jahren begann Richards jun. laut Schülerverzeichnis ein Studium an der Bergschule in Eisleben:

1828, am 11. Mai, wurde Franz Richards zum Maschinenmeister ernannt mit freier Wohnung auf der Gottesbelohnungs- oder Wiesenhütte. Die durch den zunehmenden Dampfmaschinenbau entstandene Werkstatt auf der „Preußischen Hoheit“ konnte die wachsenden Anforderungen nicht erfüllen und so wurde der junge Maschinenbaumeister mit der Errichtung einer Maschinenwerkstatt betraut.

In den Baulichkeiten der alten „Hütte auf der Wiesen“ bei der Gottesbelohnungshütte, wurde eine Wasserrad-Anlage, eine Schmiede mit zwei Feuern, eine mechanische und eine Schlosser-Werkstatt, einer Gelbgießerei und ein Raum mit einem großen Bohr- und Drehwerke sowie einer Dampfkesselschmiede eingerichtet. Am 12. Mai 1830 wurde beschlossen diese Maschinenwerkstatt künftig als ein selbständiges, gemeinschaftliches gewerkschaftliches Institut zu betrachten.

Mit diesen ersten Schritten begann die glanzvolle Karriere des seiner Zeit besten und ersten Technikers im Mansfelder Bergbau- und Hüttenwesen, einer der Schrittmacher, die in der Dampfkraftnutzung das Neue sahen, aber auch sorgfäl­tig andere Möglichkeiten erwogen. Aus Aktenstücken geht hervor, dass die „Maschinenwerkstatt-Gottes-Belohnung“ untergebracht in der alten „Hütte auf der Wiesen“, die Maschinen für eine in Freckleben errichtete Rüben-Zuckerfabrik herstellte und Richards beabsichtigte die Rübensaftpresse mit Dampfkraft zu betreiben. In der weiteren Zusammenarbeit mit Plümicke fanden Versuche statt und der Bau von hydraulischen Pressen zur Bestimmung von Gesteinsfestigkeiten. Aus dieser Einrichtung ging dann die spätere Ma­schinenwerkstatt Saigerhütte hervor.

Einige Angaben zu den Nachfahren Williams Richards:

Franz Carl Richards heiratete am 24. Dezember 1829 in Oberwiederstedt,
Amante Auguste Wiedemann geb. 17. Mai 1810,
In der Ehe wurden fünf Kinder geboren:
Johanna Auguste Elisabeth geb. 30. 11.1830 in Hettstedt
Friedrich William geb. 8.10.1832 in Hettstedt
Adolphine Sophie Franziska geb. 2.12.1834 in Hettstedt – gest 21.1.1835
Franz Bernhardt geb. 4.12.1835 in Hettstedt
Arthur Walter geb. 10 .3.1838 in Hettstedt.

Die Tochter Elisabeth heiratete den Rittergutsbesitzer Käswurm auf Parnehmen im Kreis Wehlau/Ostpreußen. Deren Tochter wiederum heiratete den Oberst von Massow, ebenfalls auf Parnehmen, und letztlich deren Tochter den Rittmei­ster von Glasow/Parnehmen. Die Familie soll 1934 dort noch sesshaft gewesen sein. Der Lebensweg seiner männlichen Nachkommen ist z. T. noch unbekannt aber keiner der Richards‘schen Söhne trat trotz Versuchs in das Bergfach ein.
Friedrich William verließ 1854 als Sekundaner das Gymnasium in Eisleben. Er wurde bis 1874 als Fotograph in Eisleben geführt. Franz Bernhard hatte das gleiche Gymnasium nach der Prüfung, Ostern 1858 verlassen um Bergwissenschaften zu studieren Im späteren Leben wurde er Rittergutsbesitzer in Oschweninken 5). Arthur Walter besuchte das Gymnasium und gab auch an, Bergwissenschaften studieren zu wollen. Er fand sich jedoch als praktischer Arzt in Nordhausen. Vermutlich ist die Familie, soweit diese noch in Eisleben ansässig war, nach dem Tode Franz Richards im Jahre 1872 dem Sohn Franz Bernhard nach Oschweninken gefolgt. Dieser Ort ist dem Krieg zum Opfer gefallen und besteht nicht mehr. In Hettstedt gab es einen Gemüsehändler „Richards“ möglicherweise ein Nachkomme aus diesen Familien, was noch zu erforschen wäre

Freimarkt

So verbleibt im traditionsreichen Mansfelder Land, mitten in der unter Landschaftsschutz stehenden historischen Haldenlandschaft, das Maschinendenkmal von der Dampfmaschine des Jahres 1785 und ihren Erbauern zur Erinnerung an den Anbeginn eines neuen Zeitalters.
Anmerkungen:

Mit diesen Beitrag und den vorausgegangenen, „Erste Dampfmaschine“ und „Preußische Hoheit“ beenden wir dieses Kapitel zum Bau der ersten Dampfmaschine in Deutschland. Einer Dampfmaschine, die zur Verrichtung von Arbeit mit einheimischen Kräften und Materialien hergestellt wurde und in Anfängen die Industriealisierung in Deutschland begründete. Dank allen Lesern für Anregungen und Buchmaterial aus ihren Beständen, sowie für die eingegangenen Fotos aus Privatbesitz oder Gemeinfreie Abbildungen aus Wikipedia.

Zusammengestellt aus und zum Nachlesen empfohlen:

Zeitschrift für Heimatforschung A.Gursky u. P.Lindner Heft 1/1992
Die Familie Richards – Dr. G.Jankowski,
Sowie Heft 15/2006„
Die Englandreise zweier preußischer Bergbeamten 1778/79 H. Hebestedt

Aus: 100 Jahre Maschinenwerkstatt auf Saigerhütte / Festschrift zum Jubiläum 16. Oktober 1948

Aus : Verzeichnis der Schüler welche seit Michaelis 1814
Das Gymnasium zu Eisleben mit den Zeugnis der Reife
für Universitätsstudien verlassen haben
Festschrift zur Einweihung des neuen Gymnasialgebäudes – Eisleben 31.10.1883

Aus: Geschichte der Eisleber Bergschule 1798 – 1928 / Dr. phil. Hans Raeck, Eisleben 1928
Schuljahr 1817 (70 – 96 )

Aus: Mansfelder Heimatkunde“ Nr. 2 April 1926, 1. Jahrgang
„Von der ersten hydraulischen Dampfpresse“ Von Fr. Wöhlbier, Wimmelburg

Aus: Mansfeld-Museum, Schriftenreihe Neue Folge Nr.1
H. Hebestedt u. J.Simrod Geschichte der Dampfmaschine von 1785
Sowie: „Festschrift – 200 Jahre Dampfmaschine“ 1985

Anmerkungen zum Inhalt

1) Carl von Veltheim, Oberbergrat zu Berlin, Geh. Finanzrat und Oberberghauptmann zu Rothenburg, geboren:13.03.1751 gestorben:10.11.1796
2 ) Maschinenmeister
Der Direktor des Oberbergamtes Rothenburg/Saale, Oberbergrat Carl von Veltheim, nahm
nach Verlesen des englischen und deutschen Textes die Verpflichtung mit Handschlag ab.
3) (laut historische Krankheitsbezeichnung – Krankheitsbilder mit Kräfteverfall und starkem
Untergewicht, z.B. Krebs, Tuberkulose; auch Schwindsucht,)
4) Oschweninken , Bahnstation 161 / 120 r
zwischen Insterburg und Skaigirren (Kreuzingen/Seckenburg) – Ostpreußen
Siehe auch http://www.territorial.de/ostp/elchnied/breitenh.htm
Amtsvorsteher (Amtsbezirk Oschweningken/Breitenhof):
-26. 3. 1874: Gutsbesitzer Richards in Oschweningken für 6 Jahre,
Der Siedlungsplatz existiert nicht mehr

E.Graf/Chronist, Hettstedt/Burgörner-Altdorf , Sept.2015

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