Humboldts in Burgörner

Vom 29. bis 31. August 2008 lud das Ehepaar Irmtraud Bast-von Humboldt-Dachroeden und Georg von Humboldt-Dachroeden die Nachkommen der Familie Caroline und Wilhelm von Humboldt zu einem Familientreffen nach Erfurt ein. Erfurt war nach 1761 der Wirkungskreis von Carl Friedrich von Dachroeden (im Umkreis des kurmainzischen Koadjutors Carl Theodor von Dalberg), dem Vater von Caroline von Humboldt. Zum Abschluss traf man sich in Weimar, wo Wilhelm von Humboldt zum Kreis der deutschen Klassik gehörte. Um den Teilnehmern die Bedeutung der Vorfahren von Caroline von Humboldt zu verdeutlichen, besucht die Gruppe am 28. August die Orte , in denen Güter dieser alten Adelsfamilie lagen: Mittelsömmern (Bad Tennstedt), Thalebra (Sondershausen), Auleben (bei Nordhausen), und Burgörner bei Hettstedt.


Die Gruppe in Auleben

Der nachstehende Text ist in ähnlicher Fassung vom Verfasser des Berichts der Internetseite http://www.mittelsoemmern.de zur Verfügung gestellt worden. Er steht dem interessierten Leser unter nachstehender Internetadresse vollständig zur Verfügung!

http://www.mittelsoemmern.de/2009/01/bericht

Die Fahrstrecke von Auleben nach Burgörner bei Hettstedt war mit knapp 80 km der längste Streckenabschnitt. So war für Herrn Dr. Udo von der Burg, dem Spezialisten für die Geschichte der Familie von Dachroeden, genügend Zeit die Teilnehmer auf Burgörner, seine Geschichte, seine Bewohner, einzustimmen.

Burgörner ist heute ein Ortsteil der Stadt Hettstedt im Landkreis Mansfeld-Südharz, Sachsen-Anhalt. Es liegt im Tal der Wipper, das geprägt ist von dem jahrhundertealten Kupferschiefer-Bergbau. 1721 ließ Friedrich Wilhelm von Posadowsky Freiherr von Postelwitz (1672-1730), Urgroßvater von Caroline, in Burgörner ein neues Gutshaus bauen mit der hochbarocken zweiläufigen Treppe, die auf halber Höhe eine schöne Vignette mit den Initialen von ihm und seiner Frau Helena Ludomilla, geb. von Saurma enthält.

Die hochbarocke zweiläufige Treppe

Die Vignette mit den Initialen

Das Gutshaus Burgörner mit seiner damals schönen Parkanlage mit Alleen und Gartenlauben war der Sommersitz Carl Friedrich von Dachroedens (1732-1809) und seinen zwei Kindern Ernst Ludwig Wilhelm (1764-1806) und „Carolina Friederica“ (1766-1829). Es war vor allem auch der Ort der ersten Begegnung von Caroline und Wilhelm und ihre Wohnung in Ihren ersten Ehemonaten vom Juli 1791 bis Juli 1792 und vom April 1793 bis Februar 1794 (vom August 1792 bis März 1793 wohnten sie in Auleben). Nach dem Tode Wilhelm von Humboldts kam Burgörner an die Töchter Caroline (1792-1837) und Adelheid (1800-1856). Letztere heiratete den General des 4. Preußischen Armeekorps August von Hedemann (1785-1859) und erhielt das Anwesen.


An die Hedemanns, welche hier in Burgörner sehr Land- und Einwohnerverbunden lebten, erinnert ein Wappenrelief in der Eingangshalle der St. Nikolai-Kirche.

 

In einem der zwei altehrwürdigen Kästchen im Inneren der Kirche, mit Namen und Orden der Teilnehmer aus Burgörner an den Befreiungskriegen 1813/14, befindet sich auch die Auszeichnung von August von Hedemann.

 

Diese Fotos wurden von Herrn Scharf zur Verfügung gestellt (siehe auch „Burgörner in der Kunst)

Mit dem Ableben der Hedemanns (Adelheid 1856 u. August Georg 1859) wurde Gabriele (1802-1887) von Bülow, die letzte noch lebende Humboldttochter, Eigentümerin. Ihr Enkel August von Loën verkaufte das Gut-Burgörner mit dem Humboldt-Schloss 1885 an die Mansfeldische Kupferschiefer bauende Gewerkschaft.

Ansicht des Gutskomplexes von Norden um 1920

Gut-Burgörner wurde bist 1945 bewirtschaftet. Das Schloss diente zunächst der Gewerkschaft unter Bergrat Leuschner als Tagungsort. Um 1920 wurden dann Wohnungen für Werkleiter der umliegenden Hüttenbetriebe in dem Haus eingerichtet.

Dieses „Humboldt-Schlösschen“ beherbergt heute das Museum für die Geschichte des Mansfelder Kupferschieferbergbaus, der Hüttentechnik und der weiterverarbeitenden Metallindustrie.

 

Dies ist die Geschichte, die die Wappendarstellung über dem Eingangsportal dem heutigen Besucher erzählt: das Wappen der Edelleute von Hedemann (in Rot drei goldene Kleeblätter) und das der Edelleute von Humboldt (in Gold ein grüner Baum, den drei silberne Sterne begleiten).

Die Wappen der Familien von Hedemann und von Humboldt

Im Jahr 1785 – Caroline war eine 19-jährige junge Frau – wurde auf dem König-Friedrich-Schacht bei Hettstedt die erste deutsche Dampfmaschine Wattscher Bauart in Betrieb genommen.

Zum ersten Mal war damit eine solche Dampfmaschine von deutschen Technikern und Arbeitern gebaut worden. Sie diente der Wasserhaltung, indem sie mit großen Pumpen die Grubenwässer des Burgörner-Reviers bei Hettstedt aus ca. 100 m Teufe hob. Die Maschine hatte eine erhebliche Initialwirkung bezüglich des Dampfmaschineneinsatzes im deutschen Berg-, Hütten- und Salinenwesen und verkörperte einen bedeutenden Schritt der Entwicklung des Maschinenbaus.

Anlässlich des 200. Jahrestages ihrer Inbetriebnahme wurde die Dampfmaschine vom Maschinenbaubetrieb des Mansfeld-Kombinats, dessen Wurzeln in der ersten kleinen Werkstatt des Jahres 1785 lagen, mit großer Sorgfalt und unter Anwendung zum Teil alter Fertigungsmethoden originalgetreu nachgebaut. Das feierlich begangene Jubiläum war gleichzeitig die Geburtsstunde des Mansfeld-Museums, das als technisches Museum und Forschungsstätte für die Geschichte des Mansfelder Kupferschieferbergbaus im September 1989 eröffnet werden konnte. Die Dampfmaschine ist seine Hauptattraktion. Zum Ausbau des Gutshauses und zur Ausstattung des Museums steuerten der Bund und das Land Sachsen-Anhalt bedeutende Fördermittel bei.

Die Teilnehmer des Treffens wurden überaus freundlich empfangen von Frau Dr. Gabriele Rommel, Leiterin des nahen Novalis-Museums und Vorsitzende der Träger-Stiftung, dem Leiter des Mansfeld-Museums, Herrn Falkmann und von den beiden Vorsitzenden des Fördervereins „Mansfeld-Museum“ e.V.15 Herrn Bernd Friedrich und Herrn Dr. Hans- Joachim Langelüttich †. Auch die Schatzmeisterin, Frau Kerstin Schneider und die Mitglieder des Fördervereins, Frau Bärbel Kilper und Herr Uwe Kilper, sowie Frau Carmen Hundt haben die Gruppe nicht nur freundlich empfangen, sondern umsorgt bis zur Abfahrt. Herr Erich Graf, der Ortschronist von Burgörner und Kenner der Humboldtschen Geschichte war auch eingeladen.

Zur Begrüßung hatte die fleißige Organisatorin Irmtraud Bast-von Humboldt-Dachroeden für Sekt und selbstgemachter sehr leckerer Brottorte nach dem Rezept von Caroline von Dacheröden gesorgt. Während die Teilnehmer Sekt und Brottorte genossen, sprachen Frau Dr. Rommel und Herr Falkmann ein paar herzliche Begrüßungsworte.

Eine der Teilnehmerinnen, Marion Lux, las anschließend einen Brief von Caroline von Dacheröden vor. Es war der erste der Brautbriefe vom August 1788, mit dem sie Wilhelm von Humboldt nach Burgörner lockte und gleichzeitig – mit Hilfe von Carl von Laroche und der „Feuermaschine“ eine Strategie entwickelte, ihrem Vater das Kommen eines jungen Mannes, der sich für die Maschine interessiere, zu erklären und Wilhelm zuerst in der Laube zu empfangen, weil sonst die Freude ihrem Vater nicht zu verbergen wäre. Für das Besichtigungsprogramm teilten sich die Teilnehmer in zwei Gruppen. Die eine Gruppe übernahm Herr Bernd Friedrich und führte sie ins Maschinenhaus der Dampfmaschine. Er erläuterte die Entstehungsgeschichte der Maschine.

 Der originalgetreue Nachbau der ersten Dampfmaschine

Es ist die spannende Geschichte, dass auf der „preußischen Hoheit“ einer Bergbau-Siedlung im Burgörner-Revier, Handwerker mit den einfachsten Mitteln in der Lage waren eine Maschine zu bauen von der man nur wusste, wie sie ungefähr aussieht. Diese Maschinen dann so zu bauen, dass sie viele Jahre im Einsatz waren und mit Ihnen die Industrialisierung in Preußen, in Deutschland begann, war eine der großen Leistungen in der deutschen Industrie-Geschichte an die man hier erinnert wird!

Eine erhaltene Maschine aus jener Zeit, vom W.Schacht, Wimmelburg, wird im Deutschen-Museum in München aufbewahrt

Dem inzwischen verstorbenen Leiter des Museums, Herrn Dr. Ludwig Rommel, Ehegatte von Frau Dr. Gabriele Rommel, ist die Idee, Gestaltung und Einrichtung der wunderbaren Dauerausstellung „Wilhelm von Humboldt auf Burgörner“ zu danken. Maßgeblich beteiligt waren, an der Bereitstellung von Bildern Herr E. Graf, an der Abfassung der Texte auf den Ausstellungsplakaten Herr Dr. U. von der Burg. Frau Dr. Rommel erläuterte kundig und engagiert diese Ausstellung im obersten Stockwerk des Hauses.

Über die Mineralienausstellung und die beeindruckende Sammlung von Maschinen und Bergbauaustattung auf dem Freigelände des Museums kann sich jeder noch einmal auf der Webseite des Museums informieren:

http://www.mansfeld-museum-hettstedt.de

Der Besuch von Burgörner war, wie die Teilnehmer den Organisatoren mitteilten, am schönsten. Es war der Höhepunkt des Tages. Gegen 22:45 war die Gruppe wieder in Erfurt.

Die Gruppe zog folgendes Fazit: „Wir haben gelernt, dass die Dach(e)roedens eine wohlhabende und sehr bedeutende Familie in Thüringen war. Obwohl beide Familien keinen Freiherrentitel besaßen, sind die Dachroeden ein sehr alter Adel und wurden in der damaligen Ständegesellschaft als viel nobler angesehen. In der Predigt hat daher der Pfarrer zur Trauung für Wilhelm die Bezeichnung „Ein Edler aus Berlin“, dessen Familie sogar Friedrich d. Gr. Zugang gewährt habe, gefunden, da es aus Sicht der Dachroedens eigentlich eine Mésalliance war. Zudem waren die Dachroedens lutherisch und die Humboldts reformiert evangelisch. Das wurde damals als gemischtreligiöse Verbindung angesehen. Aufgrund von unzähligen solcher Details hat Hr. von der Burg es geschafft, die Lebensumstände der beiden uns ganz lebendig vor Augen zu führen.

Besonders beeindruckend war in Thüringen und Sachsen-Anhalt, dass die Menschen in den kleinen Orten so geschichtsbewusst sind und viele ehrenamtlich und sehr engagiert für ihre kulturellen Einrichtungen arbeiten. Wir wurden überall freudig erwartet und sehr freundlich empfangen.“

Text und Foto Zusammenstellung: E. Graf/Chronist,
Redaktion: Georg von Humboldt, Juni 2011

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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